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Wirtschaft: Der Standort Kirchheim ist außerordentlich beliebt

Umfragen Unternehmen melden großen Bedarf an Flächen – auch zum Wohnen – und an Fachkräften. Digitalisierung, Energie und Infrastruktur generell sind ebenfalls drängende Themen. Von Andreas Volz

Zwei Studien haben sich unabhängig voneinander mit den Wirtschaftsstandorten Kirchheim und Region Stuttgart befasst. Ergebnis: Die Zufriedenheit speziell in Kirchheim ist enorm groß. Es gibt aber in den Kommunen viele „Hausaufgaben“ zu machen, wenn das so bleiben soll. Die wichtigsten Themen, an denen zu arbeiten ist, sind die Digitalisierung und der Mobilfunk sowie die Bereitstellung von Flächen – sowohl von Gewerbe- als auch von Wohnflächen.

Zufriedenheitswert ragt heraus 

Im Auftrag der Kirchheimer Wirtschaftsförderung hat die Marburger Gesellschaft für angewandte
Kommunalforschung (GEFAK) insgesamt 1270 Kirchheimer Unternehmen angeschrieben. Die Rücklaufquote von 29 Prozent ist ungewöhnlich gut. Als positiv sieht man in den Betrieben die Verkehrsanbindung in Kirchheim sowie die weichen Standortfaktoren wie Kultur-, Sport- und Freizeitangebote. „Die Zufriedenheit insgesamt liegt bei 2,06 nach dem Schulnotensystem“, sagte Diplom-Geograph Josef Rother, als er das Befragungsergebnis im Gemeinderat vorstellte. Zur Einschätzung dieses herausragenden Durchschnitts fügte er hinzu: „Das haben wir noch in keiner anderen Stadt erreicht! Das zeugt von einer sehr großen Zufriedenheit mit dem Standort.“

Einzelne Bewertungen, die schlechter als „befriedigend“ ausfielen, gab es trotzdem. Sie betrafen die nachhaltige Energieversorgung – und das im April und Mai, also erst zu Beginn der aktuellen Krise –, die Verfügbarkeit und das Preisniveau von Gewerbeflächen sowie die Verfügbarkeit von Arbeitskräften und, damit verbunden, das Problem der fehlenden Wohnflächen. Letzteres wurde teilweise sogar als das größere Problem wahrgenommen im Vergleich zu den fehlenden Gewerbeflächen. Josef Rother zog daraus den Schluss: „Wenn Arbeitgeber Wohnflächen für wichtiger halten als Gewerbeflächen, zeigt das, wie wichtig Fachkräfte sind.“

Den Vorteil der nicht-anonymisierten Befragung sieht Josef Rother darin, dass es möglich ist, Unternehmen miteinander zu vernetzen – etwa wenn es um Fragen wie betriebliche Kinderbetreuung geht, um passende Internet- und Breitbandlösungen oder auch um den richtigen Weg hin zur Klimaneutralität. Weil die Betriebe zunehmend wieder auf eigene Lagerkapazitäten setzen, könnten auch in diesem Fall gemeinsame Lagergebäude entstehen.

Der Gewerbeflächenbedarf war zum Zeitpunkt der Befragung ungebrochen groß: „Trotz der Krise haben Kirchheims Unternehmen bis 2024 überwiegend expansive, dynamische Planungen.“ Der kurzfristige Bedarf liege bei elf Hektar.

Klage über komplexe Verfahren 

Im Gegensatz zur Kirchheimer Umfrage ließ die In dustrie- und Handelskammer die ganze Region Stuttgart in den Blick nehmen, in anonymisierter Form. Christoph Nold, der Geschäftsführer der Bezirkskammer Esslingen-Nürtingen, konstatiert: „Da kommen die Verwaltungen allgemein nicht gut weg. Es gibt eine hohe Unzufriedenheit mit den Genehmigungsverfahren. Beklagte werden die langen Verfahrensdauern und die Komplexität der Regelungen.“ Viele Unternehmer könnten dabei aber deutlich unterscheiden, dass die Regelungen häufig von Bund und Land stammen. Auch spürten sie sehr wohl, dass den Verwaltungen in den Rathäusern die Bedeutung der lokalen Unternehmen durchaus bewusst ist.

Auch die IHK-Befragung hat ergeben, dass als große Probleme die Verfügbarkeit von Fachkräften und von Flächen gesehen werden, ebenso wie die Digitalisierung und die Infrastruktur generell. Bei den Fachkräften loben die Unternehmen einerseits ein gutes Angebot an Ausbildungsplätzen, Berufsschulen und Hochschulen in der Region – sie sehen aber auch die Wettbewerbssituation untereinander, wenn es um das An- oder Abwerben von Arbeitskräften geht.

Zur Energiekrise sagt Christoph Nold abschließend: „Die ist in den USA und in vielen anderen Ländern weltweit nicht so problematisch wie in Deutschland.“ Aber Region, Landkreise und Kommunen könnten in diesem Fall nichts beeinflussen – wie sehr die Preissteigerungen den Betrieben auch zu schaffen machen.