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Hoffen auf Cellcentric: Region Stuttgart bürgt für Weilheim

Premiere Für die Finanzierung des „regionalbedeutsamen Gewerbegebiets“ sichert der Verband 21 Millionen Euro ab. Ohne die Zusage wäre es für Weilheim bis Jahresende schwierig geworden, da einige Grundstücksverhandlungen immer noch laufen. Von Thomas Zapp

Es ist das erste Mal in der knapp 30-jährigen Geschichte des Verbands Region Stuttgart, dass die 179 Mitgliedsgemeinden einem ihrer Mitglieder eine Bürgschaft geben. Nutznießer dieser Premiere ist die Stadt Weilheim. Konkret geht es um maximal 21 Millionen Euro, mit denen der Kauf der Grundstücke und die Erschließungskosten für das Gewerbegebiet Rosenloh abgesichert werden soll. Das hat jetzt die Regionalversammlung, das Parlament des Regionalverbands, in ihrer jüngsten Sitzung bei drei Gegenstimmen beschlossen.

„Genau genommen ist das eine Gewährträgerschaft, aber umgangssprachlich kann man es Bürgschaft nennen“, erklärt Weilheims Bürgermeister Johannes Züfle, der zudem einer von 88 Abgeordneten der Regionalversammlung ist. Er bekam an diesem Abend im Saal des Stuttgarter Hospitalhofs einige Glückwünsche, denn er hat nun die Sicherheit, die bestehenden Ankaufsverträge bis Jahresende abschließen zu können – dann läuft die Frist aus – und dass der Gemeinderat noch vor Weihnachten den Satzungsbeschluss verabschieden kann. Ohne die Bürgschaft des Regionalverbands wäre das Sonderprogramm mit der LBBW wohl nicht möglich. Das ist die Basis für die Gemeinde, um die ersten Investitionen für und in das Gewerbegebiet leisten zu können.

 

Wir sind überzeugt, dass es bei der Absicherung bleiben wird.
Gerd Maisch, Freie Wähler, glaubt nicht, dass der Verband tatsächlich zahlen muss.

 

Das entscheidende Stichwort, das auch bei den Stellungnahmen der Fraktionen immer wieder fiel, ist „regionalbedeutsam“. Damit ist die Ansiedlung der geplanten Brennstoffzellenfabrik der Firma Cellcentric gemeint, die mit 15,5 Hektar mehr als die Hälfte des künftigen Gewerbegebiets belegen soll.
Der Verkauf dreier zentraler Grundstücke hat sich bislang verzögert, diese liegen genau in dem Bereich, wo das Unternehmen bauen möchte. Folglich hat die Gemeinde mit dem Joint Venture von Volvo und Mercedes noch keinen Abschluss – auch wenn das Unternehmen seine Absicht mehrfach bekundet hat.

Für die Region Stuttgart wäre die Ansiedlung dieser Zukunftstechnologie aber von zentraler Bedeutung. Das betont auch Professor Andre Reichel, Fraktionsvorsitzender der Grünen. Zwar sei Fläche in der Region ein knappes Gut, um das Aspekte wie Bio­diversität, Freizeitwert, Wohnraum oder Naturschutz konkurrieren. Da das Gebiet aber ohnehin als Gewerbegebiet ausgewiesen ist und die Art von Gewerbe für eine klimafreundliche Technologie stehe, sei „soweit alles klar gewesen“, dass man dafür stimme, als die Bitte der Gemeinde kam, mit einer Bürgschaft zu helfen. „Wir haben das sehr zügig hingekriegt, in nicht einmal drei Monaten. Das ist ein Vorbild fürs Land“, lobte er das Gremium und damit auch die eigene Fraktion. Die Risiken schätz er gering ein: Selbst wenn das Worst-Case-Szenario eintreffen sollte, blieben immer noch zehn Jahre, ein anderes Unternehmen zu finden. Was er dem Bürgermeister noch mit auf den Weg gab: „Sie handeln nicht mehr nur für sich und ihre Bürger, sondern auch für alle anderen Kommunen.“ 

Andreas Koch von der CDU stellte die rund 800 geplanten Arbeitsplätze der Aufgabe von Ackerböden gegenüber. „Warum sind die so wichtig?“, fragte er und lieferte die Antwort gleich mit: Die Brennstoffzellentechnologie, so seine Hoffnung, soll auch der Antrieb für den Transformationsprozess in der Region sein und andere Unternehmen anziehen. „Es besteht immer noch das Risiko, dass es mit Cellcentric nicht klappen könnte, aber ohne unsere Hilfe ganz sicher nicht“, lautet sein Fazit. Dass der Verband de facto kein Geld zuschießen muss, davon geht Gerd Maisch von den Freien Wählern aus: „Wir sind überzeugt, es wird bei der Absicherung bleiben.

Die Linke goss als einzige Fraktion Wasser in den Wein: Sebastian Lucke kritisierte, dass Cellcentric Fördermittel von Bund und Land in Höhe von rund 350 Millionen Euro ausgeschlagen habe. „Sieht so ein Partner aus?“, fragte er. Seine Fraktion gehe davon aus, dass das Unternehmen einen Rückzieher machen werde. 

Weilheims Bürgermeister Züfle dürfte es egal sein: Seine Gemeinde hat erst einmal die Planungssicherheit und kann mit der Entwicklung des Gewerbegebiets weitermachen.