Kirchheim
16-Jähriger fordert: „Die CDU muss sich rundum erneuern“

Politik Giancarlo Crescente aus Kirchheim sieht eine personelle Neuaufstellung der Union als unumgänglich an. Die Parteibasis soll über den Vorsitz mitentscheiden können. Von Andreas Volz

Giancarlo Crescente macht sich ernsthaft Sorgen um die Zukunft. Das ist für einen 16-Jährigen nicht völlig ungewöhnlich. Was dann allerdings doch erstaunt, ist der Gegenstand seiner Zukunftssorgen: die CDU. Nicht, dass es derzeit keinen Grund gäbe, sich Sorgen um die CDU zu machen. Aber die meisten seiner Alterskameraden dürften doch drängendere Probleme sehen als die Zukunft der einstmals großen Volkspartei.

Das Stichwort „Volkspartei“ war es, was Giancarlo Crescente vor zweieinhalb Jahren in die Junge Union führte: „,Jugend debattiert’ hat mein Interesse an der politischen Diskussion geweckt“, schildert er seinen Weg. Vor dem Eintritt in die Junge Union hat er sich systematisch eine Partei ausgewählt. Nachdem er sich selbst als eher konservativ eingestellt definiert, blieben bald nur die CDU oder die FDP übrig. „Ich habe mich dann für die CDU entschieden, weil die Union den Anspruch hat, eine Volkspartei zu sein.“

Inzwischen sieht das ganz anders aus: „Wir müssen uns fragen, ob wir noch eine Volkspartei sind. Bei einem Ergebnis von 24,1 Prozent ist Skepsis angebracht.“ Die Zukunftsvisionen sind für Giancarlo Crescente die reinste Horrorvorstellung: „Wenn das so weitergeht, liegen wir bald schon näher an zehn als an 20 Prozent. Dann hat sich das mit der Volkspartei endgültig erledigt.“

Sich ins Schicksal zu fügen, ist für Giancarlo Crescente aber keine Option. Seit Ende August ist er der Vorsitzende der Jungen Union Kirchheim und fühlt sich deswegen berufen, von der Basis her eine Neuausrichtung der CDU zu fordern. Die Verantwortung für die schlechten Wahlergebnisse sieht er bei den jeweiligen Parteivorsitzenden – also nicht nur bei Armin Laschet im Bund, sondern auch bei Thomas Strobl im Land.

Ein Problem der Bundestagswahl sieht er nämlich auch in der Landesliste: „Ein 80-jähriger Wolfgang Schäuble auf Platz eins kann wohl kaum für Erneuerung stehen.“ Er will das nicht als Kritik an Schäuble verstehen, aber sehr wohl als Kritik am Landesvorstand, also auch an Strobl: „Er hat immerhin auch zwei verheerende Landtagswahlen zu verantworten.“ Über die vergangenen Wahlen zu spekulieren, davon hält Giancarlo Crescente nichts: „Am Ergebnis lässt sich nichts ändern. Aber wir müssen die Bundestagswahl analysieren und schauen, was wir künftig besser machen können.“

„Müssen konservativer werden“

Die Union dürfe jetzt auf keinen Fall dasselbe machen wie sonst nach einer Wahl: „Viel reden, ohne dass etwas passiert.“ Über das, was passieren muss, hat Giancarlo Crescente konkrete Vorstellungen: „Häufig hört man, dass die Union weiblicher und jünger werden muss. Das ist aber kein Allheilmittel. Damit allein ist es nicht getan. Wichtig ist, dass wir inhaltlich besser werden.“ Seiner Meinung nach muss die Union wieder konservativer werden. „Das heißt aber nicht, dass wir Positionen von vor 40 Jahren vertreten.“ Er spricht da lieber vom „Sneaker-Konservatismus“, der modern statt altbacken daherkommen soll.

Die Union müsse den Menschen wieder klar machen, welche Positionen sie vertritt: „Derzeit steht sie irgendwie für alles steht, aber auch irgendwie für nichts.“ Er fügt hinzu: „Dem Inhaltlichen muss jetzt auch das Personelle folgen.“ Sowohl im Bund als auch im Land setzt er sich für neue Vorsitzende ein. Für die Bundespartei sieht sein Vorschlag allerdings nicht so ganz nach Fortschritt aus: Er präferiert Friedrich Merz. Allerdings könnte er sich auch Michael Kretschmer oder Tobias Hans gut vorstellen. Beide würden jedenfalls für eine Verjüngung stehen. Noch deutlicher käme das bei seinem Vorschlag für einen neuen Landesvorsitzenden zum Ausdruck: Manuel Hagel.

Wer auch immer die Kandidaten wären, für Giancarlo Crescente steht fest: „Die Parteibasis muss über die neuen Vorsitzenden abstimmen. Die, die da oben stehen, sind unsere Vertreter – nicht umgekehrt.“ Ohnehin sei nahezu alles Politik: „In der Politik geht es nicht darum, sofort außenpolitische Akzente setzen zu wollen. Da geht es zunächst vor Ort um einen fehlenden Zebrastreifen – beispielsweise in Kirchheim an der Schöllkopf-Schule.“ Dass auch große Karrieren im Kleinen beginnen, hat Giancarlo Crescente also bereits verinnerlicht. Aber gerade deswegen sollten die Größen nicht der Kontrolle durch die Basis enthoben sein.

 

„Wir müssen uns fragen, ober wir noch eine Volkspartei sind.
Giancarlo Crescente
Vorsitzender der Jungen Union Kirchheim