Kirchheim

Abstandsregel verärgert Badegäste

Corona-Verordnung Im Kirchheimer Freibad sind offenbar Familien und Ehepaare mit Verweis auf den Mindestabstand getrennt worden. Dem hat der Oberbürgermeister nun einen Riegel vorgeschoben. Von Bianca Lütz-Holoch

Den Zollstock angesetzt haben soll das Personal im Kirchheimer Freibad absurderweise auch bei Familien und Ehepaaren. Foto: Mark
Den Zollstock angesetzt haben soll das Personal im Kirchheimer Freibad absurderweise auch bei Familien und Ehepaaren. Foto: Markus Brändli

Die Mitarbeiter im Kirchheimer Freibad haben ihre Aufgabe in den vergangenen Tagen offenbar allzu zu ernst genommen – und damit insbesondere Familien vor den Kopf gestoßen. Mit Verweis auf die Corona-Verordnung hatten sie Besucher nicht nur dazu aufgefordert, den Mindestabstand zu anderen Badegästen einzuhalten, sondern auch Ehepartner und sogar Mütter von deren Kindern getrennt. Entsprechend groß war dann auch der Ärger bei den Betroffenen. Er entlud sich vor allem in den sozialen Medien.

Eine Facebook-Nutzerin etwa schildert ihren ersten Freibad-Besuch unter Corona-Bedingungen. Es habe sich ihr ein Security-Mitarbeiter in den Weg gestellt und sie aufgefordert, einen Abstand von 1,50 Meter zu ihren fünf und elf Jahre alten Töchtern einzuhalten. Zuerst habe sie an einen Spaß geglaubt, dann aber feststellen müssen, dass es der Mitarbeiter vollkommen ernst meinte. Ähnliches ist auch einem Vater widerfahren: „Ich wurde von meiner verängstigten fünfjährigen Tochter getrennt“, schreibt er in einer Mail an die Redaktion. Eine andere Betroffene hat folgendes gepostet: „In unserem Bädle in Kirchheim – aber nur bei uns – trennt der Bademeister Ehepaare voneinander und Mütter von den Kindern . . . seine Waffe ist der Zollstock.“

Über die absurden Szenen, die sich im Kirchheimer Freibad abgespielt haben sollen, zeigt sich auch Kirchheims Oberbürgermeister Dr. Pascal Bader fassungslos. Er entschuldigt sich in einem Facebook-Post ausdrücklich bei allen Familien, die zu Unrecht getrennt wurden. „Im Freibad scheint in den letzten Tagen die Kommunikation vollkommen schief gelaufen zu sein“, schreibt er. „Das Abstandsgebot von 1,50 Meter gilt bei Familien und Ehepartnern grundsätzlich nicht. Inzwischen dürfen sich im öffentlichen Raum bis zu zehn Personen treffen, ab dem 1. Juli sind es 20 Personen. Das gilt natürlich auch für das Freibad, ausgenommen in den Schwimmbecken selbst.“ Die Betriebsleitung des Freibads habe er bereits gebeten, auch die Security-Mitarbeiter entsprechend zu informieren. Betroffene Badegäste möchte er mit Freikarten entschädigen. „Wir werden auch nochmal klären, wie das überhaupt hat passieren können“, verspricht er. Für seine schnelle Reaktion auf die Ereignisse erntete er im Netz viel Lob.

Den zunächst entstandenen Eindruck, die Security habe eigenmächtig hart durchgegriffen, weist Michael Koschitzky, Geschäftsführer und Inhaber der Firma MKS Security, vehement von sich. „Die Anweisungen kamen von der Betriebsleitung des Freibads“, betont er. „Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir es nicht verantworten können, Eltern von Kindern oder Ehepaare zu trennen.“ Einige seiner Mitarbeiter hätten sogar schon gedroht, ihren Dienst im Kirchheimer Bad zu quittieren. Nun habe er auch eine entsprechende Mail an die Bäderleitung geschrieben. „Wir betreuen zwölf Freibäder, und in keinem gibt es solche Probleme wie in Kirchheim“, sagt er. Seine Mitarbeiter habe er aufgefordert, die Regeln so menschlich wie möglich durchzusetzen. Das scheint in den meisten Fällen auch gelungen zu sein, wie Reaktionen im Internet zeigen. Das Problem mit dem Abstand sei ein generelles im Freibad und keines der Security, heißt es dort. Die Sicherheitsleute seien in der Regel freundlich und zuvorkommend.

Eine Stellungnahme der Freibad-Betriebsleitung war am Freitag zunächst nicht zu bekommen. „Anscheinend haben die Mitarbeiter alles drangesetzt, um zu verhindern, dass im Kirchheimer Freibad Infektionen auftreten“, sagt Andrea Naasz, stellvertretende Geschäftsführerin der Kirchheimer Stadtwerke. Dabei seien sie wohl etwas übereifrig gewesen.