Kirchheim

Alkohol gibt’s bald rund um die Uhr

Gesetz Wer um 23 Uhr noch ein paar Flaschen Bier kaufen will, könnte sich ab April freuen. Die CDU und die Grünen wollen das Alkohol-Verkaufsverbot im Land lockern. Das Ordnungsamt ist davon nicht begeistert. Von Melissa Seitz

Alkohol nach 22 Uhr kaufen? Ab April könnte das kein Problem mehr sein.Foto: Carsten RIedl
Alkohol nach 22 Uhr kaufen? Ab April könnte das kein Problem mehr sein.Foto: Carsten RIedl

Ganz spontan haben sich die Freunde zum Abendessen eingeladen. Der Kühlschrank ist vollgestopft. Etwas Leckeres auf den Tisch zaubern - kein Problem. Und danach noch den Sommerabend mit einem Bier auf dem Balkon genießen. Moment . . . Bier? Alles ist da für einen entspannten Abend unter Freunden, nur das Bier fehlt. Also auf zur nächsten Tankstelle. Mit einem Sixpack geht es vom Kühlregal zur Kasse. „Haben Sie schon mal auf die Uhr geschaut?“, fragt die Kassiererin, „es ist nach 22 Uhr. Alkohol können Sie nicht mehr kaufen.“

Das war’s dann wohl mit dem kleinen Absacker. Nächstes Jahr könnte sich das aber in ganz Baden-Württemberg ändern. Die Grünen und die CDU wollen das Alkohol-Verkaufsverbot lockern. Dann heißt es: Alkohol - egal wann, ob nachts um 3 Uhr oder am helllichten Tag. Innenminister Thomas Strobl geht davon aus, dass das Gesetz bis April 2018 abgeändert wird. Laut dem Grünen-Vorsitzenden Oliver Hildebrand sei es falsch, erwachsenen Menschen vorzuschreiben, was sie zu welcher Uhrzeit kaufen dürfen.

Genauso sieht es auch Sonja Fietz von der Esso-Tankstelle in Kirchheim. Sie findet es gut, dass eine Lockerung des Verbots geplant ist. „Es ist komisch, Erwachsenen zu sagen, dass sie nach 22 Uhr keinen Alkohol mehr kaufen dürfen.“ An ihrer Tankstelle würde sich aber nichts ändern: „Wir haben sowieso nur bis 23 Uhr offen. Unsere Kunden könnten dann nur eine Stunde länger Alkohol einkaufen“, erklärt Sonja Fietz.

Tankstellen sind die zweite Wahl

Auch die Ran-Tankstelle wäre von der Lockerung nicht betroffen. „Wir haben eine spezielle Lizenz, da wir ein Restaurant im Gebäude haben“, sagt Geschäftsführer Jochen Friess. Das bedeutet, Kunden können rund um die Uhr Alkohol kaufen. Trotzdem achten die Mitarbeiter darauf, dass nachts nur ein paar Flaschen Bier anstatt ein ganzer Kasten gekauft werden. Und daran halten sich laut Jochen Friess die meisten Kunden: „Ich habe das Gefühl, dass der nächtliche Alkoholkonsum weniger geworden ist.“ Zu seinen Kunden zählen eher Einzelpersonen, die schnell eine Flasche Wein brauchen, um den Abend ausklingen zu lassen. „Junge Leute gehen mittags in den Supermarkt“, vermutet der Geschäftsführer, „da ist es günstiger.“

Wenn man Alcopops und Co rund um die Uhr kaufen kann, gibt es dann auch mehr Alkoholexzesse? Marcus Deger vom Ordnungsamt Kirchheim befürchtet es: „Das Verbot hat es erschwert, an Alkohol ranzukommen. Diese Hürde fällt dann weg.“ Eine einzige Maßnahme, um den Alkoholkonsum einzudämmen, würde es noch geben, wenn es nach der CDU und den Grünen geht. Kommunen sollen Konsumverbote an bestimmten Plätzen aussprechen können. Doch in Kirchheim würde sich das nicht einfach gestalten. Laut Marcus Deger treffen sich Jugendliche zum Trinken immer wieder an unterschiedlichen Orten. „Mal ist es der Rollschuhplatz, dann sind es die Schulen. Einen Brennpunktort haben wir nicht“, erklärt er. Der Ordnungsamtsleiter hat eine klare Meinung zum Vorhaben der Politiker: „Ein Verkaufsverbot und ein Konsumverbot an bestimmten Plätzen wären viel sinnvoller.“

Auch der Leiter des Polizeireviers Kirchheim weiß, wovon der Ordnungsamtsleiter spricht: „In Kirchheim gibt es keinen bestimmten Platz, an dem sich Leute zum Trinken verabreden“, sagt Fabian Mayer. Er kann sich vorstellen, dass Alkoholverbote an ausgewählten Örtlichkeiten und zu begrenzten Zeiten ereignisabhängig ausgesprochen werden. „Wenn wir zum Beispiel wissen, dass eine Abifeier letztes Jahr ausgeartet ist, und im nächsten Jahr am selben Ort wieder stattfinden soll, dann könnte ich mir ein Alkoholverbot vorstellen“, erklärt der Revierleiter.

Abwarten und dann handeln

„Das ist alles noch sehr vage“, sagt Fabian Mayer, „wir müssen abwarten, wie sich die Situation entwickelt.“ Klar ist aber, sollte es zu einer Lockerung des Verkaufsverbotes kommen, ist es die Aufgabe der Stadt, Konsumverbote auszusprechen. „Wir sind dann für die Beratung zuständig“, stellt er klar.