Kirchheim

Allianz gegen die Wohnungsnot

Landkreis, Kommunen und Baugenossenschaften suchen nach gemeinsamen Wegen

Beständig soll es sein und trotzdem billig. Vor allem: Es muss schnell gehen. Landkreis und Kommunen geraten beim Bau bezahlbarer Wohnungen zunehmend unter Zeitdruck.

Bisher noch eine Einöde mitten in der Stadt: Auf der Freifläche beim Güterbahnhof sollen 2018 neue Wohnungen entstehen. Zuvor wi
Bisher noch eine Einöde mitten in der Stadt: Auf der Freifläche beim Güterbahnhof sollen 2018 neue Wohnungen entstehen. Zuvor wird das Areal mit provisorischen Wohncontainern ein Jahr lang als Ausweichunterkunft für Flüchtlinge genutzt, die im Moment noch in der Kreissporthalle untergebracht sind. Foto: Carsten Riedl

Esslingen. Die Zahl neuer Flüchtlinge im Landkreis ist im Frühjahr drastisch gesunken und trotzdem ist von keiner Entspannung die Rede. Im Esslinger Landratsamt rechnet man weiter damit, dass bis zum Jahresende rund 3 000 Unterkunftsplätze fehlen werden. Mit ein Grund: Sporthallen und Zelte werden Schritt für Schritt geräumt, damit Vereinsleben und Schulsport wieder wie gewohnt funktionieren können. Die Menschen müssen folglich woanders unterkommen. Gleichzeitig brauchen immer mehr Flüchtlinge eine dauerhafte Bleibe. Die Stadt Kirchheim muss von jetzt ab bis zum Jahresende 166 Menschen bezahlbaren Wohnraum bieten. Weil auf den nicht nur Flüchtlinge, die im Land bleiben dürfen, angewiesen sind, fehlen kreisweit in den kommenden zehn Jahren 6 000 Mietwohnungen. Allein im Kreis Esslingen sind zurzeit 2500 Menschen von Obdachlosigkeit bedroht. Doch beim sozialen Wohnungsbau hat der Landkreis gleich zwei dicke Probleme: Es gibt kaum geeeigneten Baugrund und wenn, dann sind die Baukosten viel zu hoch. 6 000 Euro pro Quadratmeter sind in manchen Gegenden keine Ausnahme – das Grundstück nicht eingerechnet.

Jetzt soll es für ein Drittel gehen. Der Landkreis will seinen Bürgermeistern in der kommenden Woche einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten. In Zusammenarbeit mit den sechs großen Wohnbaugenossenschaften im Kreis sollen vermehrt Modulbauten entstehen, die sowohl für die Erst- wie auch für die dauerhafte Anschlussunterbringung geeignet sind. Die Städte und Gemeinden stellen dem Bauträger das Grundstück im Wege des Erbbaurechts zum symbolischen Schnäppchenpreis zur Verfügung, der Landkreis tritt nach Fertigstellung als Generalmieter auf.

„Wir mischen uns damit nicht in kommunale Aufgaben ein“, betont Landrat Heinz Eininger, der sich gestern von den Fraktionen im Finanzausschuss den Auftrag für weitere Verhandlungen erteilen ließ. Es gehe darum, schnell zu sein, indem man mit den sechs großen Bauträgern bereits vorhandene Strukturen nutze. Am 2. Juni ist ein Fachtag mit allen beteiligten Stellen geplant. Eine Expertenrunde, in der Bedarf konkretisiert, die Verfügbarkeit von Flächen ermittelt und leuchtende Beispiele aus dem In- und Ausland auf den Tisch kommen sollen.

In den Großen Kreisstädten, die bei der Unterbringung von Flüchtlingen die Hauptlast zu tragen haben, dürfte der Vorschlag niemand von den Sitzen reißen. Die meisten haben längst reagiert. Mit eigenen Konzepten und ersten Planungsschritten. Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker weiß, dass solche Initiativen auf die Schnelle nicht weiter helfen. Zumindest für dieses und das kommende Jahr verspricht sie sich davon wenig. „Ich lebe im Hier und Jetzt“, sagt die Rathauschefin. „Der Vorschlag mag sinnvoll sein, aber die Menschen sind ja schon da.“

Die Stadt ist bereits einen Schritt weiter: Vorgestern wurden die Zuschüsse für Neubauten in Lindorf und im Hafenkäs bewilligt. Für die Bebauung des Güterbahnhof-Areals ist ein städtebaulicher Wettbewerb auf den Weg gebracht. Bevor dort Anfang 2018 feste Wohnungen entstehen, wird das Gelände dem Landkreis zur Verfügung gestellt. Dorthin will man 270 Flüchtlinge in Container umsiedeln, die bisher noch in der Kreissporthalle untergebracht sind. Die Halle soll voraussichtlich zum Jahresende geräumt werden. Dann läuft auch der Mietvertrag für die Sammelunterkunft in der Dettinger Straße aus. Für die dort lebenden 100 Menschen werden zusätzliche Ausweichquartiere benötigt. Von Entspannung redet bis heute niemand.