Kirchheim

Auf dem Weg nach oben

Konzert Vhs-Orchester erfreut die Zuhörer bei seiner Sommerserenade in der Martinskirche.

Klavier
Symbolbild

Kirchheim. Bei der traditionellen Sommerserenade in der Martinskirche galt es, mit der ziemlich halligen Akustik zurechtzukommen: Kontrollierte Lautstärke, deutliche Artikulation und angemessene Tempi waren besonders gefordert. Schon bei Durchsicht der Programmfolge war offensichtlich: Die Latte lag höher. Zur Einstimmung erklang das Concerto C-Dur für zwei Klarinetten, zwei Oboen, Streicher und Basso continuo (R 560) von Antonio Vivaldi. Drei Gruppen musizierten miteinander: zwei Soloklarinetten, gespielt von Gerhard Ehrlich und David de Soto, zwei Solo-Oboen, gespielt von Hanna Seiz und Cornelia Mattes, und die Streicher des Orchesters. Schon mit den ersten Akkorden war klar: Die Streicher füllten den großen Raum mit sattem, festlichem Klang. In den schnellen Sätzen ergaben sich reizvolle Echoeffekte. Die Klarinettisten legten mit sehr kräftigem, in der Höhe mitunter scharfem Klang vor, die Oboistinnen antworteten mit rundem, tragfähigem Ton.

Das folgende Konzert d-Moll für Solo-Cembalo, Streicher und Basso continuo (BWV 1052) ist das bekannteste und anspruchsvollste unter Bachs Cembalokonzerten. Ein doppelter Glücksfall machte die Aufführung zu einem Erfolg: zum einen das wundervolle Konzert-Cembalo, ein originalgetreuer Nachbau eines Instruments aus dem 18. Jahrhundert. Zum anderen ist die herausragende Leistung der Solistin Brigitte Schroth hervorzuheben. Sie meisterte den durchgehend hochvirtuosen Part in den schnellen Sätzen souverän und ließ sich im Adagio genügend Zeit, um die Cantilenen aufblühen zu lassen. Das war hohe Kunst aus einem Guss, die zu Recht mit herzlichem Beifall bedacht wurde. Getrübt wurde der Gesamteindruck allerdings dadurch, dass die hohen Streicher zwar musikalisch und engagiert begleiteten, aber fast durchweg zu kräftig waren. Denn bekanntlich kann beim Cembalo die Lautstärke nur sehr wenig beeinflusst werden. Vielleicht wäre eine Reduktion der Besetzung oder die eine oder andere dämpfende Geste des Dirigenten hilfreich gewesen. Der umsichtigen Leitung von Siegfried Hartauer ist es zu verdanken, dass die Orchesterbegleitung mit den komplexen Figuren des Soloinstruments synchron blieb.

Deutlich befreiter musizierte das Orchester im zweiten Teil, zu sinfonischer Stärke vergrößert. Hartauer hatte die Bühnenmusik „Masques et Bergamasques“ von Gabriel Fauré ausgewählt, der zu seinen Lieblingskomponisten zählt. Wohl auch deshalb sprang der Funke auf sein Orchester über. Schlagartig erhöhte sich das Niveau: Couragiert spielende Holzbläser animierten im ersten Satz ihre Mitspieler; ein langsames Tempo gab dem folgenden Menuett Gewicht, wohingegen die rasante Gavotte die Zuhörer mitriss. Überraschend war schließlich, dass der Schluss nicht ein „Rausschmeißer“ war, sondern eine Pastorale mit Streichercantilenen zum Dahinschmelzen! Die abschließende Sinfonie Nr. 40 g-Moll KV 550 von W. A. Mozart gehört zu den anspruchsvollsten ihrer Art: Das war ein besonderer Prüfstein, zumal in dieser heiklen Akustik. Sofort tauchte das Orchester in das Pochen des ersten Satzes ein und machte deutlich, dass das seelisches Beben sich von der ersten bis zu letzten Note durchziehen sollte und alle Gemütlichkeit die Musik Mozarts zerstören würde. Hartauers Talent, die richtigen Tempi dafür zu treffen, zeigte sich auch hier. Natürlich agierte man bei einigen kniffligen Stellen ein wenig vorsichtiger, stets blieb aber alles im Fluss dank sicherer Holzbläser und tollen Kontrabässen. Respekt! Ulrich Kernen