Kirchheim

Ausgetrimmt!

Oh Schreck, der Trimm-dich-Pfad ist weg! – Da stehen sie nun in Nabern und staunen nicht schlecht, die Walkerinnen, die Jogger, die Familienväter mit Nachwuchs im Schlepptau: Schluss mit Rumpfbeugen und Klimmzügen. Schwebebalken und Reckstangen sind quasi über Nacht Geschichte geworden. Ausgetrimmt.

Ausgetrimmt!

Ausgetrimmt! Foto: Irene Strifler

Schade. Der Pfad war ein Dauerbrenner: Selbst bewegungsfauler Nachwuchs ließ sich hier zu körperlicher Aktivität breitschlagen. Schließlich garantierten die Geräte Abwechslung im Läufereinerlei, und am Schluss winkte als Belohnung noch eine Runde Minigolf. Oder der Nachwuchs lochte mit Oma die Kugeln ein, während Mama und Papa ein paar Runden nach Herzenslust joggen durften.

„Schweißtropfenpfad“ nannten Hobby-Sportler seinerzeit den nicht mal zwei Kilometer langen Trimmdich-Pfad am Oberen Wasen. 1972 eingeweiht, war er übrigens der allererste im ganzen Kreis Nürtingen. Hektoliterweise Schweißtropfen dürften seither im schattigen Wald geflossen sein.

Diesen Frühling noch trieb der Pfad so manchem die Schweißtropfen auf die Stirn, allerdings weniger den Sportlern, als vielmehr den Verantwortlichen. Der Grund heißt „Verkehrssicherungspflicht“. Sie ist spätestens seit Boxer Aaron in aller Munde. Der Vierbeiner wurde bekanntlich vor wenigen Wochen im Kirchheimer Talwald von einem morschen Baum erschlagen.

Mag sein, dass Aaron einfach seiner Schnauze folgte. Bei Menschen ist das komplizierter. Die verlassen gemeinhin sichere Wege nicht. Wer sie jedoch mit speziellen Angeboten zum längeren Verweilen in den Wald lockt, sollte sich mit der „Verkehrssicherungspflicht“ auskennen, denn hier droht Justizia. Zwar haben die Amis seinerzeit die Trimm-dich-Welle nach Europa gebracht. Aber auch ihre Lust, vor Gericht zu ziehen und Dritte in die Verantwortung zu nehmen, greift hierzulande um sich. So gesehen hat der American way of life nicht nur den Anfang, sondern auch das Ende des Naberner Pfades zu verantworten. Denn sicher ist sicher: Lieber fort mit den Schildern und den ohnehin leicht angegammelten Geräten. Trimmen ab sofort auf eigene Gefahr.

Zum Glück hat Ortsvorsteher Ferdinand Truffner Trost parat: Zumindest die Joggingrunde soll bald in neuem Glanz erstrahlen. Allerdings ganz ohne Geräte. Vielleicht lässt dann der eine oder andere den Nachwuchs gleich zu Hause, am besten mit der Chipstüte auf dem Sofa. Sport glotzen statt Sport treiben ist eh weniger unfallträchtig.

Doch da war doch was: Übergewicht ist längst auch in Deutschland, wiederum dem amerikanischen Trend folgend, Volkskrankheit Nummer eins, schon jedes fünfte Kind schleppt zu viele Pfunde mit sich rum. Dahinter steckt vor allem eines: Bewegungsmangel. Ob‘s sinnvoll ist, Bewegungsanreize einzustampfen, um die Sicherheit vor umstürzenden Bäumen zu erhöhen? – Teufel gegen Beelzebub.

Aber da lässt sich sicher auch einer finden, der in ein paar Jahren für Übergewicht und Diabetes vor Gericht verantwortlich gemacht werden kann.

Zu Rumpfbeugen, aber vor allem zum Aufenthalt im Wald, animierte bis vor Kurzem der Trimm dich-Pfad in Nabern. Jetzt gibt's nur

Zu Rumpfbeugen, aber vor allem zum Aufenthalt im Wald, animierte bis vor Kurzem der Trimm dich-Pfad in Nabern. Jetzt gibt's nur noch den Waldsportpfad im Hohenreisach. Foto: Prießnitz (Archiv)