Kirchheim

Ausgezeichneter Pionier aus Kirchheim

Betonrecycling Walter Feeß steht als einer von drei Preisträgern des Deutschen Umweltpreises 2016 fest. Den Preis überreicht Bundespräsident Joachim Gauck Ende Oktober. Von Andreas Volz

Ausgezeichneter Pionier aus Kirchheim
Ausgezeichneter Pionier aus Kirchheim

Walter Feeß und Michail Gorbatschow haben seit gestern eine Gemeinsamkeit: Beide finden sich auf der Preisträger-Liste des Deutschen Umweltpreises. Der einstige Sowjet-Politiker gehörte 2010 zu den Preisträgern, ausgezeichnet „für sein internationales Umweltschutzengagement“. 2016 gehört der Kirchheimer Unternehmer Walter Feeß zu den drei Preisträgern: Gemeinsam mit der Cottbuser Professorin Dr.-Ing. Angelika Mettke wird er als einer von zwei „Pionieren im Betonrecycling“ geehrt. Dritter im Bunde ist Bas van Abel, Gründer und Geschäftsführer von „Fairphone“.

Den Umweltpreis vergibt die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU). Dotiert ist er mit 500 000 Euro, höher als jeder andere Umweltpreis in Europa. Dieses Jahr geht das Preisgeld je zur Hälfte an den Fairphone-Gründer van Abel sowie an die beiden Betonrecycling-Pioniere. Nach Kirchheim fließen also 125 000 Euro. Walter Feeß will das Geld konsequent im Sinne des Preises verwenden. So zumindest zitiert eine Pressemitteilung der Heinrich Feeß GmbH den Geschäftsführer: „Mit dem Preis möchte ich unser derzeit im Bau befindliches Kompetenzzentrum für Qualitäts-Recycling-Baustoffe schneller realisieren und hochwertiger ausstatten.“ Auch dabei geht es ihm ausschließlich um die Sache – darum, „den Gedanken des Qualitäts-Baustoff-Recyclings in den Köpfen von Fachleuten und Entscheidern zu verankern“.

Mit den Worten „ein Traum wird wahr“ bedankt sich Walter Feeß schriftlich bei allen, die dazu beigetragen haben, dass er mit seinem Unternehmen nun den Deutschen Umweltpreis erhält: „Ich freue mich riesig über diesen Preis, weil er dem Baustoff-Recycling zu einem neuen Stellenwert verhilft.“ Wertvolle Ressourcen dem Wirtschaftskreislauf wieder zuzuführen sei nicht nur ökonomisch sinnvoll, sondern auch aus ökologischen Gründen geboten: „Die Verwendung von Abbruchmaterial in hochwertigem Recyclingbeton hilft, bundesweit Millionen von Tonnen CO2 einzusparen, mindert den Einsatz knapper natürlicher Baustoffe und reduziert Verkehrsbelastungen, weil deutlich weniger Lkw-Transportwege anfallen.“

Am Telefon war Walter Feeß gestern nicht persönlich erreichbar. Auskunft gab aber Marketingleiter Michael Hallwachs, der von einer „Riesenauszeichnung für Walter Feeß“ sprach, „aber auch für das Unternehmen und unser gemeinsames Tun“. Entsprechend gut war gestern die Stimmung im gesamten Betrieb: „Auf diese Auszeichnung sind wir alle mächtig stolz.“

Der Preis, der am 30. Oktober in Würzburg feierlich überreicht wird – durch Bundespräsident Gauck höchstpersönlich –, kam für Walter Feeß und seine Mitarbeiter einigermaßen überraschend. Michael Hallwachs: „Wir haben irgendwann die Information gekriegt, dass uns jemand vorgeschlagen hat. Später hieß es dann, die Chancen seien nicht schlecht.“ Dass es nun aber zu weitaus mehr als zu den „Top Ten“ gereicht hat, damit sei im Vorfeld wirklich nicht zu rechnen gewesen.

In der Methodik des Betonrecyclings zähle die Kirchheimer Firma Feeß tatsächlich zu den Pionieren, sagt der Marketingleiter: „Machen kann das praktisch jeder. Aber man muss es auch wollen. Wir haben das über Jahre hinweg aufgebaut.“ Es gehe darum, aus Abbruchmaterial den Zuschlagstoff für die Frischbeton-Herstellung zu gewinnen – wobei der Frischbeton in diesem Fall zum Recyclingbeton wird.

Feeß stellt den Beton nicht selbst her, beliefert aber die Hersteller mit dem Zuschlagstoff. Die Schwierigkeit, die da in Kirchheim offensichtlich perfekt gemeistert wird, besteht darin, gleichbleibende Qualität des recycelten Stoffes zu bieten. Nur dann erfüllt der daraus gewonnene Beton die Voraussetzungen, um auch wirklich in Neubauten eingesetzt werden zu können. „Wir können diese Qualität bieten, durch Verfahren, die wir mitentwickelt haben“, stellt Michael Hallwachs fest. „Da sind wir seit Jahren zertifiziert, und wir haben auch als erste die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung bekommen.“

Grob gesagt, gehe es beim Recyclingbeton um die Devise „aus Alt mach Neu“. Grundsätzlich sei Feeß im Großraum Stuttgart in den Branchen Erdbau und Gebäudeabbruch tätig. Aus dieser Tätigkeit heraus habe sich im Lauf der Jahre auch der Recyclinggedanke entwickelt. Mit Angelika Mettke, der zweiten „Betonrecycling-Pionier-Preisträgerin“, arbeite das Kirchheimer Unternehmen eher weniger zusammen. Hier sei – wohl auch durch die räumliche Nähe – der Kontakt zu Mettkes Konstanzer Kollegin Sylvia Stürmer enger.

Außer in Kirchheim hat die Bekanntgabe der Umweltpreisträger auch beim Industrieverband Steine und Erden Baden-Württemberg (ISTE) große Begeisterung ausgelöst. ISTE-Präsident Peter Röhm wird in einer Pressemitteilung zitiert: „Man kann diese Auszeichnung für Walter Feeß gar nicht hoch genug einschätzen. Unser Verband ist stolz, einen solchen Unternehmer in seinen Reihen zu haben.“ Der Preis zeige für die gesamte Branche: „Wir suchen nach Lösungen und geben Antworten auf umweltpolitische Probleme und Fragen.“ Die Rohstoff-Industrie sei keineswegs von gestern, sondern hochmodern. Anders ausgedrückt, und auf den Deutschen Umweltpreisträger Walter Feeß angewandt, heißt das: „Er gilt bundesweit in der Branche als Unternehmer, der ökologisch sinnvolle Teilbereiche der Kreislaufwirtschaft in ökonomisch realistische Techniken umsetzt.“ Das sei vorbildlich, und somit sei die Auszeichnung „allemal verdient“.

Ausgezeichneter Pionier aus Kirchheim
Ausgezeichneter Pionier aus Kirchheim

Der Deutsche Umweltpreis

Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) vergibt seit 1993 jährlich den Deutschen Umweltpreis. Auf ihrer Homepage heißt es über die Kriterien: „Mit der Vergabe des Deutschen Umweltpreises werden Einsatz und Leistungen ausgezeichnet, die jetzt und zukünftig entscheidend und in vorbildhafter Weise zum Schutz und zur Erhaltung unserer Umwelt beitragen. Die zu prämierende Leistung sollte dazu beitragen, Umweltprobleme rechtzeitig zu erkennen und mit Hilfe geeigneter Vorsorge- und Umsetzungsstrategien zu entschärfen. Die Verdienste sollten derart überzeugend sein, dass ein Nachahmungseffekt erzielt wird. Entsprechend sollten der Modellcharakter und die praktische Umsetzbarkeit im Vordergrund stehen. “

Zahlreiche externe Experten sollen als „Vorschlagsberechtigte“ größtmögliche Neutralität und Qualität gewährleisten. Sie werden durch die Geschäftsstelle der DBU zur Vorschlagsabgabe aufgefordert. Dieses Vorschlagswesen erhöht die Bedeutung für die Preisträger – ebenso wie die feierliche Verleihung des hochdotierten Preises durch den Bundespräsidenten.

Frühere Preisträger waren unter anderem Michael Otto (1997), Franz Ehrnsperger (2001), Klaus Töpfer (2002), Claus Mattheck (2003), Loki Schmidt (2004), Heinz Sielmann (2005), Beate Weber (2007), Ernst Ulrich von Weizsäcker (2008), Michail Gorbatschow (2010), Ursula Sladek (2013), Hubert Weinzierl (2014) oder zuletzt Mojib Latif (2015).