Kirchheim
Bachputzete in Kirchheim: An den Ufern liegen Hundekotbeutel und alte Reifen

Müll Am Samstag ging in Kirchheim eine Bachputzete über die Bühne. In neun Abschnitten befreiten Kinder und Erwachsene Ufer und Böschungen von Unrat. Über 100 Helfer packten mit an. Von Thomas Krytzner

Kirchheims Klimaschutzmanagerin, Dr. Beate Arman, war vor der dritten Bachputz-Aktion begeistert: „Wir haben so viele Anmeldungen erhalten, dass wir zusätzlich zu den neun geplanten Abschnitten sogar noch weitere Uferbereiche an Lauter und Lindach säubern können.“ In der Tat sah man am Samstag im Stadtgebiet überall Menschen in Ufernähe mit blauen Müllsäcken und Greifzangen, die sich an der Bachputzete beteiligten.

 

Niemand
trägt aus Versehen einen Römertopf spazieren.
Christian Horst
Der Vorsitzende der Umweltpaten ärgert sich über systematische Entsorgung von Müll an der Gießnau.

Am Kegelesbach im Bereich Nägelestal waren zwei Omas mit ihren Enkeln bereits fleißig am Müllsammeln, als sich Oberbürgermeister Dr. Pascal Bader und seine Söhne Luca und Moritz dazugesellten. Ausgerüstet mit Handschuhen und Gummistiefeln, kam der Reinigungstrupp aber rasch an seine Grenzen: Ein achtlos entsorgter Blecheimer war derart mit der Böschung verwachsen, dass der Bolzenschneider eines hilfsbereiten Anwohners zum Einsatz kam. Pascal Bader freute sich nicht nur über diese Geste: „Beim Herfahren sind wir schon vielen fleißigen Helfern begegnet.“

Säckchen landen oft nicht im Abfalleimer

In die Begeisterung über das Engagement der Bevölkerung mischte sich jedoch Ärger. Stein des Anstoßes waren die vielen Hundekotsäckchen, die am Ufer des Kegelesbachs lagen. „In unmittelbarer Nähe steht ein spezieller Abfalleimer. Da würde ich gerne die Logik verstehen, warum die Säckchen achtlos an der Böschung entsorgt werden“, so der Stadtchef kopfschüttelnd. Später befreite Pascal Bader den Kegelesbach von einem künstlich angelegten Damm aus losen Ästen, während seine beiden Jungs ein Matratzenlager entdeckten. Ein Kissen lag vollgesaugt mit Wasser mitten im Bach.

Dennoch wertete Bader die Putzaktionen an den Kirchheimer Bächen als Erfolg: „Im Vergleich mit den ersten beiden Bachputzeten ist der Müll an den Ufern weniger geworden.“ Auch wenn solche Aktionen körperlich anstrengend seien, lohne sich der Aufwand zugunsten der Natur, betonte Pascal Bader.

Beim Hasenheim an der Gießnau trafen sich die Mitglieder der Kirchheimer Umweltpaten, um sich an der Putzete zu beteiligen. Von der Einsteinstraße aus befreiten sie in mehreren Gruppen die Ufer und Böschungen in beiden Richtungen von Müll und Unrat.

Teils deutlich weniger Abfall als früher

Entlang der Siechenwiesen bestätigte sich der Erfolg früherer Aktionen: Es lag deutlich weniger Abfall an der Gießnau als in den Vorjahren. Wo noch vor Jahresfrist über 100 Schnapsfläschchen entsorgt werden mussten, gab es jetzt kaum noch Müll. Die Freude über die fast saubere Böschung hielt aber nicht lange. An einer anderen Stelle hatte Christian Horst, Vorsitzender der Umweltpaten, bei Spaziergängen etliche versteckte Müllplätze an der Gießnau entdeckt. „Was hier entsorgt wurde, ist kein zufälliger Müll“, ärgerte er sich und äußerte den Verdacht, dass der Bach von privaten Anwohnern als Entsorgungsstelle betrachtet wird. Am Ufer lagen Glasfliesen, Teller und der Deckel eines Römertopfs. „Niemand trägt aus Versehen einen Römertopf spazieren, um ihn dann in der Gießnau zu entsorgen“, stellte er zornig fest.

Horst erzählte von weiteren Fundstücken wie einem alten Kühlschrank und einer kompletten Vliesabdeckung eines Ackers, die er mit seinen Vereinsmitgliedern in den Jahren zuvor aus der Böschung entfernt hatte. Dieses Jahr zählten neben Haushaltsgegenständen auch Paletten, Autoreifen, Plastikpflanzen und Besen zu den Fundstücken. Christian Horst will diesen Abschnitt mit den anderen Umweltpaten künftig verstärkt säubern. „Könnte Müll in Kirchheim kostenlos entsorgt werden“, sinniert er, „müsste an Kirchheims Bächen weniger Unrat gesammelt werden.“

 

Bachpaten bestimmen die Gewässerökologie

Gewässer sollen laut einer EU-Verordnung frei fließen können. Deshalb kümmern sich die Kirchheimer Umweltpaten seit rund zwei Jahren als Bachpaten um die Ökologie der Gießnau. „Wir machen alle zwei Monate eine Bachbeprobung auf Basis von Mikrolebewesen“, erklärt Christian Horst, Vorsitzender der Umweltpaten. Mit sechs Kescher-Schwüngen wird an zwei Stellen im Bachbett gewühlt. Dabei werden bis zu 120 Kleinstlebewesen gefangen. „Mit Lupen identifizieren und zählen wir sie, um einen Indikator für die Bio-Gewässerqualität zu bekommen.“
Ziel dieser regelmäßigen Bestimmung ist, einen Vergleich der Wasserqualität mit und ohne Hindernisse beim Fließen zu haben. „An der Gießnau ist der Rückbau eines Wehrs geplant. Mit den gesammelten Ergebnissen wollen wir das Vorhaben unterstützen“, erklärt der verantwortliche Bachpate. In den vergangenen zwei Jahren lieferten die Proben eine unerwartete Erkenntnis: „Das Vorkommen und die Vielfalt an Mikrolebewesen in der Gießnau ist von der Jahreszeit abhängig“, weiß Christian Horst. Auffällig sei die große Ansammlung von Bachflohkrebsen, die ein paar Wochen später wieder verschwinde. Er hofft, dass noch mehr Bürgerinnen und Bürger eine Bachpatenschaft übernehmen. „Mit wenig Aufwand kann die Bevölkerung einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten“, wirbt Christian Horst für das Ehrenamt. Interessierte bekommen weitere Infos bei der Klimaschutzmanagerin der Stadt Kirchheim, Dr. Beate Arman. kry