Kirchheim
Balsam für die Ohren

Musik Das Kirchheimer Kammerorchester feiert sein 75-jähriges Bestehen. Das Konzert zu diesem Anlass wurde durch den Solotrompeter Jonathan Müller zu einem besonderen Hörgenuss. Von Rainer Kellmayer

Das in Kirchheim beheimatete Schwäbische Kammerorchester hatte einen besonderen Gast zum Jubiläumskonzert anlässlich seines 75-jährigen Bestehens eingeladen: Jonathan Müller, der in Bissingen aufgewachsene erste Solotrompeter des Leipziger Gewandhausorchesters, krönte das Programm mit Joseph Haydns Trompetenkonzert Es-Dur. An den bläserischen Höhenflügen des jungen Musikers hatten die Besucherinnen und Besucher des vom Kulturring der VHS organisierten Konzerts in der Stadthalle ihre helle Freude.

Sicher getragen vom Schwäbischen Kammerorchester blies Müller in Haydns Konzert, das 1796 für die damals neu konstruierte Klappentrompete geschrieben wurde, Balsam in die Gehörgänge. Strahlkräftig im Ton sorgte der Solist im eröffnenden Allegro für blitzsauberes Laufwerk und mühelose Aufstiege in die instrumentalen Höhenlagen. Dem weichen Schmelz des Andantes folgte ein fulminanter Kehraus, in dem Müller nochmals alle Register zog: Die Tonketten perlten, und mit glasklarer Artikulation bewegte sich Müller auf die brillante Kadenz zu, die ein Kompendium an trompetistischen Kunststücken brachte.

Dabei hielt der Solist stets die Balance zwischen technischer Finesse und klanglichem Anspruch – eine exquisite Mischung, die das Publikum goutierte und mit stürmischem Applaus honorierte. Für die Ovationen bedankte sich Jonathan Müller mit dem langsamen Satz aus einem Trompetenkonzert von Johann Baptist Neruda.

Dem Beinamen „Le Matin“ gemäß, sorgte Joseph Haydn in der Sechsten seiner 104 Sinfonien für eine fröhliche Morgenszene. Die Stimmführer des Schwäbischen Kammerorchesters konnten sich im Kopfsatz mit exzellenten Soli vortrefflich in Szene setzen, und im Tutti fand das von Matthias Baur straff geleitete Orches­ter zur Homogenität. Nach den spannungsvoll phrasierten Tonflächen des Adagios kam das Menuett recht burschikos daher, und das heitere Finale war bestimmt vom dialogischen Wechselspiel der Solisten mit dem vollen Orchesterklang.

Joseph Haydn war nicht nur ein genialer Komponist, er verfügte auch über eine gehörige Portion Humor: Immer wieder peppte er seine Sinfonien mit besonderen Gags auf. In der Sinfonie Nr. 94 „Mit dem Paukenschlag“ setzte er ein besonderes Zeichen. Da das Publikum in den Konzerten am Hof seines Arbeitgebers, dem ungarischen Fürsten Esterházy, gelegentlich einzuschlafen pflegte, baute Haydn im langsamen Satz seiner 94. Sinfonie nach leisem Beginn einen gewaltigen Tuttischlag ein. Nach dieser Eruption schienen wieder alle hellwach zu sein.

Beim Kirchheimer Konzert waren solche Fingerzeige nicht nötig: Das Publikum lauschte den Vorträgen des Kammerorchesters aufmerksam und in voller Konzentration. Man genoss Haydns Musik, die – bei aller kompositorischen Raffinesse – einen hohen Unterhaltungswert hat. Dazu kam, dass sich das Schwäbische Kammerorchester in guter Form präsentierte und die Kontraste und Feinheiten der Partitur differenziert ausleuchtete. Es gab viel Applaus, und als Zugabe ein Dacapo des langsamen Satzes aus Haydns Trompetenkonzert.