Kirchheim

Basisarbeit: „Wir sind stark im Kleinen“

Kreiskonferenz Die Freien Wähler wollen die Mobilität verbessern und damit die Gunst der Wähler gewinnen. Fahrverbote werden kritisiert. Von Thomas Krytzner

Günter Riemer, Bernhard Maier, Bernhard Richter und Ralph Schäfer (von links) von den Freien Wählern starten optimistisch in den
Günter Riemer, Bernhard Maier, Bernhard Richter und Ralph Schäfer (von links) von den Freien Wählern starten optimistisch in den bevorstehenden Wahlkampf. Foto: Thomas Krytzner

Frank Buss, Bürgermeister in Plochingen sowie stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Landkreis Esslingen, mahnte gleich in seiner Begrüßung zur Kreiskonferenz: „Man muss aufeinander zugehen“.

Dabei betonte er, dass man die eigenen Flecken und die Probleme kenne, und Strohfeuer seien nicht gewollt. „Wir wollen eine Politik der Mittel- und Langfristigkeit.“ Damit sprach er insbesondere die aktuelle Mobilität in der Region an. Potenzial sieht Buss bei der Verbindungstangentiale der S-Bahn nach Neuhausen auf den Fildern und ins Neckartal. „Diese Verlängerung muss kommen“, forderte er. Diese gelinge aber nur, so Frank Buss weiter, wenn die Arbeit der verschiedenen politischen Ebenen verknüpft wird. Die bevorstehenden Wahlen im Mai sieht er optimistisch: „Die Freien Wähler haben einen deutlichen Qualitätsvorsprung.“

Der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler im Landkreis Esslingen, Bernhard Richter, erinnerte sich an seine Kindheit, die er in Kirchheim verbrachte. „Schon damals wurde die S-Bahn diskutiert, und erst 30 Jahre später wurde das Projekt gestartet.“ Wenig erfreut zeigte sich Richter über die aktuelle Bundesregierung beim Thema Wohnraum. „Zuerst werden durch immer weitere Vorschriften die Baukosten in die Höhe getrieben, und jetzt fordert die Regierungspartei bei Demonstrationen bezahlbaren Wohnraum.“ Er mahnte, dass die Kreisräte die eigenen Kommunen nicht außer Acht lassen sollen. „Es braucht Leute, die das faire Miteinander schützen und fördern.“ Der Reichenbacher Bürgermeister lobte die mittlerweile starken Kliniken im Landkreis Esslingen. „Sie finanzieren sich an allen drei Standorten nun selbst und haben eine gute Leistungskraft.

Mobilität bewegt Menschen

Der ehemalige Landrat Bernhard Maier, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, zählt zu den profundesten Kennern der Mobilität im Raum Stuttgart. Er stellte sich bei der Kreiskonferenz die Frage, was Menschen bewegt. „Die Verkehrssituation jetzt und in der Zukunft hat Auswirkungen auf die Lebensmöglichkeiten der Menschen.“ Die Verkehrspolitik sei Gesellschaftspolitik und stehe im Mittelpunkt, was am Wahltag im Mai entschieden wird. Die Europapolitik sieht Maier so spannend wie nie. „Entweder wir bekommen eine Gemeinschaft der Werte oder ein sich spaltendes Europa.“ Die Freien Wähler sieht er stark in der Basisarbeit. „Wir sind im Kleinen groß.“

Kritik gab es vom Fraktionschef für die Verkehrspolitik im Raum Stuttgart. „Die Region ist die Herzkammer im Land. Rund 2,7 Millionen Einwohner leben in Stuttgart.“ Die Identität mit der Region sei nicht vorhanden, am ehesten noch mit dem VfB Stuttgart. „Die Region Stuttgart hat mächtige Probleme, und wir sind aufgefordert, mitzugestalten.“ Zum Beispiel sieht es laut Maier mit dem Verkehr in der Region grausam aus. „Der Verkehr ist an der Grenze, die S-Bahnen sind übervoll und unpünktlich.“ Nicht zuletzt sei Stuttgart in den internationalen Medien zuletzt als Stauregion Nummer Eins genannt worden, und mit den Feinstaubmessungen bekommt die Landeshauptstadt langsam Imageprobleme. „Dies hindert aber den Verkehr nicht daran zu wachsen. Der Lkw-Verkehr nimmt in den nächsten Jahren um 30 Prozent zu, das Gleiche gilt für die Automobile.“ Er kritisierte auch den Stillstand in der Straßeninfrastruktur. Politische Gemeinsamkeiten sieht Bernhard Richter mit den Grünen hauptsächlich im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).

Ansonsten hatte der Chef der Freien Wähler nicht viel lobende Worte. „Herausragendes Beispiel im negativen Sinn sind die ­Fahrverbote für Dieselfahrzeuge mit der Euronorm 4.“ Von den 70 000 Autobesitzern in der Region dürfen rund 20 000 seit dem 1. April nicht mehr aus der Garage fahren. „Dabei sind das keine alten Autos.“

Bernhard Maier schüttelt den Kopf ob des staatlichen Eingriffs. „Das ist unverhältnismäßig und unsozial. Die Fehler der Automobilindustrie werden auf dem Rücken der kleinen Bürger ausgetragen.“ Die Messlatte würde in Deutschland viel zu hoch gesetzt. „In ganz Europa wird nicht so gemessen wie bei uns.“ Er betont: „Die Verkehrswende muss kommen, aber immer mit dem Blick auf die Realität.“ Der Wahltag am 26. Mai sei daher eine gute Gelegenheit, Vernunft, Realität und gute Ergebnisse in der Landespolitik zu erreichen.