Kirchheim

Bei dieser Arbeit zählt der richtige Riecher

Notfall Rettungshunde sind unersetzliche Lebensretter. Selbst modernster Technik sind die Vierbeiner meist eine Nasenlänge voraus. Für den Ernstfall müssen sie regelmäßig trainieren. Von Daniela Haußmann

Rettungshunde arbeiten sicht-, geräusch- und witterungsunabhängig. Das kann im Ernstfall Leben retten.Fotos: Daniela Haußmann
Rettungshunde arbeiten sicht-, geräusch- und witterungsunabhängig. Das kann im Ernstfall Leben retten. Foto: Daniela Haußmann

Im Wald auf dem Kirchheimer Hohenreisach sind die Hunde los. In Windeseile und mit der Nase am Boden flitzen die Vierbeiner quer durch den Wald. Die weiße Weste mit dem roten Kreuz in der Mitte signalisiert, dass hier nicht irgendeine Meute zwischen den Bäumen herumstreunt, sondern die Rettungshundebereitschaft des DRK-Kreisverbandes Nürtingen-Kirchheim einen Auftrag erfüllt. Unter Baumstämmen und Büschen, auf Hochsitzen, in Gräben und Uferbereichen verstecken sich Woche für Woche Suchhundeführer und warten darauf, dass sie von ihren tierischen Teamkollegen gefunden werden. Lange dauert es nicht, bis Iltud lautstark auf seinen Fund aufmerksam macht. Der 14 Jahre alte Terrier ist zwar schon in Rente, doch Erfahrung und Leistungswillen sorgen dafür, dass der Senior so manchem vierbeinigen Grünschnabel eine Nasenlänge voraus ist. Bei günstigen Windverhältnissen sind Spürnasen wie er in der Lage in Forst und Offenland in einem Umkreis von 300 Metern Personen zuverlässig zu orten.

Einige der Hunde, die jede Woche zum Training kommen, befinden sich noch in Ausbildung. „Die dauert zwei bis drei Jahre.“, sagt die stellvertretenden DRK-Bereitschaftsleiterin Heike Trapp. Danach beherrschen die Tiere nicht nur die Flächensuche, bei der sie vermisste, verwirrte, verletzte oder kranke Menschen in Wald und Flur aufspüren müssen. Die Hunde sind auch in der Lage bei einer Trümmersuche verschüttete Personen zu finden. Zwischen 125 und 220 Millionen Riechzellen, deren Anzahl je nach Rasse variiert, sorgen dafür, dass die Vierbeiner selbst unter neun Meter hohen Trümmern verschüttete Menschen orten, wie der stellvertretende Leiter der DRK-Rettungshundebereitschaft Nicolas Herdin berichtet.

Auf dem Gelände von Bauunternehmen oder im Schutt von gerade erst abgerissenen Gebäuden suchen sich die angehenden Rettungshunde inmitten der Gesteinsmassen einen Weg zu den Opfern. Im Vergleich zum Menschen bringen die Vierbeiner weit weniger Gewicht auf die Waage. Das zahlt sich laut Heike Trapp im Trümmerfeld aus. „Denn so können die Hunde“, der Ausbilderin zufolge, „einsturzgefährdete Bereiche absuchen, die die Einsatzkräfte erst mit aufwendigen Sicherungsmaßnahmen zugänglich machen müssten. Und das kostet im Notfall lebensrettende Minuten.“

Auch im Rettungsdienst ist der technische Fortschritt nicht aufzuhalten. „Mittlerweile lassen sich Verschüttete mit speziellen Ortungsgeräten lokalisieren“, erzählt Nicolas Herdin. „Doch im Gegensatz zur Technik arbeitet der Hund sicht-, geräusch- und witterungsunabhängig. Deswegen ist er bei solchen Rettungseinsätzen unentbehrlich.“ Bodensenken, Sichthindernisse oder ein dichtes Blätterdach stören die Arbeit der tierischen Helfer in keiner Weise. Im Gegensatz etwa zu einer Wärmebildkamera an einem Hubschrauber.

Jessica Ihlenfeld hat sich wie die meisten im Team ganz bewusst dazu entschieden, ihren Vierbeiner zum Rettungshund auszubilden. Sie sieht darin einen guten Weg, Kimi zu fordern und ihr jede Menge Abwechslung zu bieten. Gehorsam, Disziplin, Sozialverhalten und Ausdauer werden nach Ansicht von Nicole Priwitzer durch Ausbildung und regelmäßiges Training gezielt gefördert.

Wer zur DRK-Rettungshundebereitschaft will, sollte einen mittelgroßen Hund besitzen, der kein allzu großes Körpergewicht aufweist und nicht älter als drei Jahre ist. Der Vierbeiner darf weder aggressiv noch extrem ängstlich auftreten. Eine typische Rettungshunderasse gibt es nicht. Grundsätzlich sind alle Hunde, die gewandt, nervenstark, lernfreudig und gesund, aber auch leistungswillig und leistungsstark sind, für die Schnüffelstaffel geeignet. Halter sollten sich im Klaren sein, dass sie über die Ausbildung hinaus viel Freizeit und Engagement in die Rettungshundearbeit investieren müssen. Das heißt, nicht nur Vier-, sondern auch Zweibeiner sollten mit Disziplin und Leistungsbereitschaft bei der Sache sein, auch wenn sie zu Sucheinsätzen mitten in der Nacht ausrücken müssen.

Die Suche im Trümmerfeld trainieren die Hunde an Abbruchhäusern oder bei Bauunternehmen.
Die Suche im Trümmerfeld trainieren die Hunde an Abbruchhäusern oder bei Bauunternehmen. Foto: Daniela Haußmann