Kirchheim

Bezahlen? Nein, danke

Ehrenamtspreis Der Verein „Schenkscheune“ betreibt im Kirchheimer Stadtkino einen Umsonst-Laden. Die Idee: Dinge, die nicht mehr gebraucht werden, finden bei anderen ein neues Zuhause. Von Antje Dörr

Wer ein Gesellschaftsspiel sucht, wird in der Schenkscheune fündig.Foto: Jean-Luc Jacques
Wer ein Gesellschaftsspiel sucht, wird in der Schenkscheune fündig.Foto: Jean-Luc Jacques

In Deutschland landen täglich ganze Berge intakter Gebrauchsgüter in den Tonnen privater Haushalte, weil sie nicht mehr gebraucht werden. Was für die meisten längst zur Gewohnheit geworden ist, ist den Mitgliedern des Vereins „Schenkscheune“ ein Dorn im Auge. 2016 haben sie in der Nähe des Aldi-Kreisels in Kirchheim den ersten Umsonst-Laden eröffnet. Die Idee: Dinge, die nicht mehr benötigt werden, können gebracht und von anderen wieder abgeholt werden. Und das - wie der Name schon sagt - völlig umsonst. Unabhängig davon, ob man arm oder reich ist. „Uns ging es nicht um Bedürftigkeit, sondern um Ressourcen. Und um das Überdenken von Konsumgewohnheiten“, sagt Kathi Baur, die mit Ehemann Tim und Vereinsmitglied Jan Wagner zum Gespräch gekommen ist. Sprich: Wer weniger kauft, muss auch nicht so oft ausmisten. „Im Idealfall schaffen wir uns selber ab“, sagt Kathi Baur und lacht.

So weit ist es allerdings noch lange nicht. Obgleich der eine oder andere Kirchheimer sich bestimmt schon häufiger gefragt hat: Gibt‘s die denn noch, und wenn ja, wo? Das liegt daran, dass der Verein schon ganze drei Mal mit Sack und Pack umziehen musste. In der Scheune am Aldi-Kreisel durften die Sachen-Retter immerhin vier Monate lang mietfrei ihrer Mission nachgehen, bis das Haus abgerissen wurde. Danach mietete der Verein einen Teil eines Hauses in der Plochinger Straße an - eine finanzielle Herausforderung für manche Mitglieder des Vereins. „Ich musste anfangs ordentlich zuschießen“, sagt Tim Baur. Unabhängig vom privaten finanziellen Engagement seiner Mitglieder lebt der Verein mehr schlecht als recht von Spenden und Mitgliedsbeiträgen.

Im Juni 2018 zog die Schenkscheune von der Plochinger Straße in die Alleenstraße um, wo im Mai 2020 Schluss war. Mittlerweile ist die Schenkscheune im Stadtkino untergeschlüpft - ein Glückstreffer, weil sich in dem großen Kinosaal die Corona-Auflagen umsetzen lassen. „Außerdem zahlen wir sehr wenig Miete“, verrät Tim Baur. Damit sich möglichst wenige Menschen gleichzeitig in und um die Schenkscheune herum aufhalten, gibt es getrennte Bring- und Abholtage - ein organisatorisches Detail, das die Vereinsmitglieder aber auch beibehalten wollen, wenn die Corona-Auflagen irgendwann gelockert werden. An den Abholtagen dürfen immer nur zwei Menschen gleichzeitig in den Saal hinein und dort für fünf Minuten stöbern. Dann werden die nächsten hereingelassen. „Das funktioniert gut“, sagt Kathi Baur. Zu langen Schlangen komme es eigentlich nie. Was momentan wegfällt, ist die Begegnung mit anderen Menschen. Das sei schade, findet Vereinsmitglied Jan Wagner. „Früher kamen auch Menschen, die einfach einen Tee trinken und quatschen wollten“, sagt er. Vielen ist ein gutes Gespräch eben mehr wert als noch mehr „Zeug“, das zuhause die Regale verstopft.

Was gefragt ist - und was nicht

Nicht alles, was zuhause nicht mehr gebraucht wird, darf in die Schenkscheune gebracht werden. Kleidung und Bücher werden momentan prinzipiell nicht angenommen, weil der Platz zum Präsentieren fehlt. „Die Leute sollten Sachen bringen, die sauber, funktionstüchtig und nicht veraltet sind“, sagt Schenkscheune-Gründerin Kathi Baur.

Beliebt sind neue Elektrogeräte, Werkzeug, Töpfe und Pfannen - und andere praktische Alltagsgegenstände.

Auch Skurrilitäten landen in der Schenkscheune. „Einmal hat uns jemand einen selbst gebauten Dönerspieß gebracht“, erzählt Tim Baur. Eine Imbiss-Abluftturbine sei auch schon dabei gewesen.

Ladenhüter sind beispielsweise veraltete oder nicht saubere Elektrogeräte, Dekorationsobjekte, einzelne Tassen und Teller, Puzzles und Ordner. „Dinge wie Tontöpfe nehmen wir mittlerweile nicht mehr an, die muss man nämlich als Bauschutt entsorgen, wenn sie von niemandem mitgenommen werden“, sagt Tim Baur. adö