Kirchheim
Blitzeis sorgt für Unfälle und Rutschpartien in und um Kirchheim

Wetter Plötzliche Glätte hat die Region rund um die Teck am Montagmorgen in den Ausnahmezustand versetzt. Es gab Stürze, Verspätungen und jede Menge Polizeieinsätze. Von Bianca Lütz-Holoch

Als Ute Wegner um 7.07 Uhr das Schulhaus des Kirchheimer Ludwig-Uhland-Gymnasiums betritt, schickt sie ein Stoßgebet zum Himmel. Trotz spiegelglatter Gehwege und Straßen ist die Schulsekretärin an diesem Montagmorgen unverletzt an ihrem Arbeitsplatz angekommen. Knapp eineinhalb Stunden gefährliche Rutschpartie zu Fuß von Jesingen auf den Milcherberg hat sie zu diesem Zeitpunkt schon hinter sich. „Zwischendurch dachte ich, dass ich es nicht mehr schaffe“, erzählt sie. „Viermal bin ich richtig gestrauchelt und fast gestürzt.“ Mal hangelt sich Ute Wegner an einem Gartenzaun entlang, mal an parkenden Autos. „Manchmal bin ich sogar auf allen Vieren gegangen“, beschreibt sie.

 

Zwischen 5.15 und 8.55 Uhr
hatten wir 122 glättebedingte Unfälle.
Ramona Noller
Sprecherin des Polizeipräsidiums Reutlingen

 

Das Blitzeis an diesem Montagmorgen erwischt zahlreiche Menschen in der Region. „Zwischen 5.15 und 8.55 Uhr hatten wir 122 glättebedingte Unfälle“, meldet Ramona Noller, Sprecherin des Polizeipräsidiums Reutlingen. „Die Kollegen fahren gerade von einem Unfall zum anderen“, beschreibt sie die brisante Situation. Betroffen von der plötzlichen Glätte ist das gesamte Gebiet des Polizeipräsidiums Reutlingen. Überwiegend haben die Einsatzkräfte Sachschäden aufgenommen, es gab allerdings auch Verletzte. „Es sind auch Fußgänger verunglückt, ein paar haben sich Knochenbrüche zugezogen“, berichtet Ramona Noller. Wie gefährlich es ist, vor die Tür zu gehen, erlebt sie an diesem Morgen selbst. „Ich bin zu Fuß zur Bahn gelaufen und bin mehr gerutscht als gegangen.“

Ausfälle nach Stürzen bei Zeitungszustellern

In einigen Bezirken in Notzingen, Kirchheim und Bissingen kann der Teckbote am Montag nicht komplett zugestellt werden, weil die Zeitungszustellerinnen und -zusteller auf eisglatten Wegen gestürzt sind und ihre Route abbrechen müssen. Auch die Unfallchirurgie im Medizinischen Versorgungszentrum Kirchheim meldet eine Vielzahl an Sturzverletzungen. „Es sind aber weniger Knochenbrüche, sondern vor allem Prellungen und Verstauchungen“, sagt eine Mitarbeiterin.

Angesichts der Glätte beschließt so mancher, gar nicht erst vor die Tür zu gehen. „Ich habe schon zwei Seiten voll mit Krankmeldungen geschrieben“, sagt Ute Wegner. „Einige Eltern haben gleich gesagt, dass sie es nicht riskieren wollen, ihre Kinder bei dem Wetter loszuschicken.“ Die Schulsekretärin ist dankbar über jedes mit Tausalz behandelte Fleckchen auf Gehwegen und Straßen. „Aber an vielen Stellen wird gar nicht gestreut“, bedauert sie.

Ab 3.30 Uhr ist der Glatteis-Erkennungsdienst unterwegs 

„Unsere Mitarbeiter fangen morgens sofort an zu streuen, sobald die Warnung rausgeht“, sagt Robert Berndt, Pressesprecher der Stadt Kirchheim. An diesem Montag war der städtische Glatteis-Erkennungsdienst in Kirchheim ab 3.30 Uhr unterwegs und hat rechtzeitig Alarm geschlagen. „Bei uns ist beim Räumen alles gut gelaufen“, so Robert Berndt. Die Mitarbeiter sind rechtzeitig ausgeschwärmt, Streusalz ist genügend vorhanden. Insgesamt sind an solchen Tagen bis zu 49 Personen im Auftrag der Stadt unterwegs, um für sichere Bedingungen auf Straßen, Geh- und Radwegen zu sorgen.

Spiegelglatt waren vor allem Nebenstraßen am Montagmorgen. Foto: Jörg Bächle

Trotzdem hagelt es am Montag Beschwerden im Rathaus. „Offenbar wurde an vielen Stellen privat nicht geräumt. Aber das ist eben Aufgabe der Anliegerinnen und Anlieger“, so der Sprecher der Stadt. In dem Zusammenhang verweist er auf die Räum- und Streupflicht. Dem ein oder anderen Bürger scheint in den vergangenen Tagen auch schlichtweg das Salz ausgegangen zu sein. „Streusalz ist der gefragteste Artikel des Tages“, verrät ein Mitarbeiter des Toom-Baumarkts in Kirchheim. Entsprechend schnell leeren sich die Regale. Gegen 11 Uhr ist der Vorrat des Baumarkts aufgebraucht. Auch anderswo gibt es das gefragte Gut nicht mehr – etwa bei Edeka im Kirchheimer Öschweg. Angesichts dessen greifen die Kunden teilweise zu Alternativen: „Einige haben einfach Kochsalz zum Streuen gekauft“, berichtet eine Mitarbeiterin.

Der Busverkehr rund um Kirchheim läuft dagegen relativ problemlos. Die Hauptstraßen sind zum größten Teil gut befahrbar.  „Problematisch sind vor allem die Gehwege und Nebenstrecken“, sagt Sybille Bauer von Fischer Omnibusreisen in Weilheim. Ähnlich lautet die Auskunft von Felix Zühlke, Verkehrsleiter von Schlienz Tours. „Lediglich im Bereich des Bahnhofs war morgens nicht gestreut, da mussten wir bei der Stadt nachhaken“, sagt er. Zühlke spricht von geringen Verspätungen im morgendlichen Busverkehr. Laut Sybille Bauer sind die Busse weitgehend planmäßig unterwegs. „Sie haben nur zum Teil die kritischen Steigungen und ungeräumten Stellen wegen der Eisglätte nicht befahren.“ 

Bei extremen Wetterlagen ist Salz streuen erlaubt

Werktags müssen Anlieger die Gehwege oder – falls es keine gibt – die Straßenseiten bis spätestens 7 Uhr geräumt und gestreut haben. Auch danach sind die Wege eis- und schneefrei zu halten.

Auftausalz darf zwar normalerweise nicht verwendet werden. Ausdrücklich erlaubt ist der Einsatz von Salz aber bei extremen Wetterlagen wie etwa Blitzeis. Ansonsten sollen zum Streuen Splitt, Sand oder Asche verwendet werden.

Wer nicht räumt und streut, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Im Ernstfalls müssen Räum- und Streumuffel auch mit einer Geldbuße rechnen.