Lebhafte Diskussionen über das Gewerbegebiet Bohnau-Süd hat Kirchheims oberster Stadtplaner Gernot Pohl im Vortragssaal der Stadtbücherei geleitet. Corona-bedingt wurde die Veranstaltung mehrfach angeboten - um den Andrang der Zuhörer besser kanalisieren zu können. Allein aus dem lokalen Gewerbe heraus gebe es Bedarf für 41 Hektar neuer Gewerbeflächen, stellte Pohl eingangs fest. Etwa die Hälfte davon soll zwischen Pfaffenhalde, Tannenbergstraße und Autobahn angeboten werden. „Wir haben eine Menge Anfragen. Wer sich konkret ansiedeln wird, wissen wir aber noch nicht.“ Es könnten vier große Gewerbegrundstücke werden, aber auch zehn bis 20 kleinere.
„Neue Gewerbeflächen gehen fast immer zu Lasten der Agrarstruktur, das ist ein großes Problem“, räumte der Stadtplaner ein. „Bohnau-Süd erschien uns da als die am wenigsten schlechte Fläche.“ Für das neue Gewerbegebiet soll es eine ganz neue Erschließungsstraße geben. Sie zweigt südlich der Autobahnmeisterei von der B 465 ab und führt über Dettinger Gemarkung zur ICE-Trasse und zur Autobahn. Ist beides überquert, windet sich die Straße in zwei Bögen über den Hungerberg, bis sie in einen Kreisverkehr an der Ecke Tannenberg-/Einsteinstraße mündet.
Das alles ist so ähnlich bereits im Flächennutzungsplan von 1977 vorgesehen. Wesentlicher Unterschied zur aktuellen Planung: Zwischen Pfaffenhalde und neuer Erschließungsstraße war vor über 40 Jahren noch ein Wohngebiet vorgesehen. Jetzt sind zu beiden Seiten der Straße Gewerbeflächen geplant, westlich allerdings nur ein eingeschränkt gewerbliches Gebiet, damit es mit dem Wohngebiet in der Pfaffenhalde besser verträglich ist. Diesem Zweck dient auch ein Grünflächenpuffer zwischen Wohn- und Gewerbegebiet.
Die Möglichkeit für Anwohner, Bedenken und Anregungen vorzubringen, besteht nicht nur beim Bebauungsplanverfahren, sondern auch beim Parallelverfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans. Einzureichen sind die jeweiligen Argumente schriftlich, wobei Gernot Pohl betont: „Auf den Inhalt kommt es an. Ob dann eine Unterschrift darunter steht oder hundert, spielt keine Rolle.“
Anwohner sind stark belastet
Ein wichtiger Punkt wurde gleich in der ersten Veranstaltung mündlich vorgetragen: „Wenn man den Hang Richtung Westen nicht bebauen würde, wäre das ein Signal an die Bewohner, dass man nicht in die bestehenden Grünanlagen oder gar bis in die Vorgärten reinmöchte.“ Die Anwohner seien bereits stark belastet, durch das bestehende Gewerbegebiet mit entsprechender Geruchsbelästigung, durch den Autobahnlärm bei Tag und Nacht, durch die ICE-Baustelle und künftig auch durch den Lärm auf der Schnellbahntrasse.
Schallschutz ist durchaus ein Thema im Vorentwurf zum Bebauungsplan: „Wir prüfen das, wie viele andere Themen auch“, sagte Gernot Pohl. Das heiße aber nicht, dass auch wirklich eine Schallschutzwand entsteht. „Die Erschließungskosten wären auch ohne Wand schon so hoch, dass der Grundstücksverkauf keinen Gewinn für die Stadt abwirft.“
Eine andere Befürchtung der Anwohner betrifft das Oberflächenwasser: Die Stadt habe Sorge zu tragen, dass es nicht ins Wohngebiet abfließt, meinte Gernot Pohl. Zur Gefahr, dass die künftigen Beschäftigten nebenan im bestehenden Wohngebiet parken könnten, verwies er darauf, dass die Betriebe für ihre Mitarbeiter Parkplätze auf dem eigenen Gelände zur Verfügung stellen müssten.
Eine andere Forderung lautete: „Das Gewerbegebiet darf erst dann bebaut werden, wenn es die neue Erschließungsstraße gibt.“ Gernot Pohl sieht darin kein großes Problem: „Diese Straße gehört auf jeden Fall zum Gesamtprojekt.“ Sie sei auch wichtig für das mögliche interkommunale Gewerbegebiet südlich der Autobahn.
Die Befürchtung, dass der Berg zwischen Autobahn und Tannenbergstraße abgegraben werden könnte, stand ebenfalls im Raum: Zehn Meter Gebäudehöhe seien vom jetzigen Bodenniveau aus möglich. „Wenn dann jemand drei Meter abträgt, kann er 13 Meter in die Höhe bauen.“ Gernot Pohl zufolge „kommt man normalerweise mit zehn Metern Höhe aus“.
Wann tatsächlich die ersten Betriebe ihre Arbeit aufnehmen, kann Gernot Pohl nicht sagen: „Es gibt Bebauungspläne, die dauern zehn Jahre - andere nur neun Monate.“ Irgendwo dazwischen wird sich auch Bohnau-Süd bewegen.