Kirchheim
Brandstifterin muss in der Psychiatrie bleiben

Justiz Im Prozess um die 65-jährige Kirchheimerin, die ihre Wohnung angezündet hat, hat die Große Strafkammer das Urteil gefällt.

Kirchheim. Ein nicht nur für das Gericht, sondern für alle Beteiligten schwieriger Prozess gegen eine psychisch schwerkranke Kirchheimer Brandstifterin ist gestern mit dem Urteil zu Ende gegangen. Die 65-Jährige wird wegen einer Wahnkrankheit als „schuldunfähig“ freigesprochen, ist aber krankheitsbedingt eine Gefahr für die Allgemeinheit. Sie wird nun in die Psychiatrie eingewiesen.

Die beschuldigte Kirchheimerin hatte es den Richtern der 7. Großen Strafkammer am Stuttgarter Landgericht nicht leicht gemacht, das Verfahren ordentlich abzuschließen. Sie hatte lautstark Zeugen und die Polizei der Beweismanipulation beschuldigt, die Berufsrichter der Lüge bezichtigt und sich in den letzten Prozesstagen immer wieder Redeschlachten mit allen Beteiligten geliefert. Sie zweifelte sogar die Qualifikation des psychiatrischen Sachverständigen an und bezeichnet sich als „Nachkomme von König David“. Zuletzt beantragte sie die Entlassung ihrer Verteidigerin, weil diese angeblich nicht mehr ihr Vertrauen genießt. Und sie hatte ihre Unschuld beteuert, obwohl alle Beweise das Gegenteil erbrachten.

Dass sie an jenem 12. Februar vergangenen Jahres an einer schweren Wahnkrankheit litt, als sie in ihrem Badezimmer in ihrer Kirchheimer Erdgeschosswohnung an verschiedenen Stellen Feuer legte, hält das Gericht für erwiesen. Und zwar nach Anhörung eines anerkannten Gutachters, der die 65-Jährige eingehend untersucht hatte und zu diesem Ergebnis kam: Die Steuerungsfähigkeit und damit juristische Schuldfähigkeit war bei der Angeklagten jeweils wegen der Wahnkrankheit vollkommen aufgehoben. Seine Empfehlung an das Gericht: Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus zur Behandlung dieser Krankheit – und zur Sicherung der Allgemeinheit.

Angeklagte streitet alles ab

Dem folgte die Strafkammer am gestrigen sechsten Verhandlungstag vollumfänglich. Die Frau konnte demnach nicht schuldig gesprochen werden. Da sie aber in ihrem chronisch kranken Zustand möglicherweise weitere Straftaten gegen Menschen und gegen Sachen begehen würde, wird sie in einer geschlossenen Einrichtung untergebracht. Fest steht damit, dass die Frau für diverse Beleidigungen gegen Kirchheimer Rathausbedienstete und Polizei infrage kommt. Dass sie auch mit faustgroßen Steinen nach ihren Wohnungsnachbarn geworfen hatte, was sie aufs Heftigste bestritt – und dass sie an jenem Mittag des 12. Februar den Brand gelegt hatte. Mit einem Feuerzeug hatte sie Plastik­teile an ihrer Dusche und an anderen Gegenständen angezündet. Das Feuer breitete sich aus, zerschmolz zahlreiche Einrichtungsgegenstände und entwickelte einen beißenden Rauch, der durch den Hausflur kroch, bis in die Wohnung über ihr. Auch diese Tat stritt die Frau vehement ab und beteuerte, sie habe mit dem Feuerzeug nur herausfinden wollen, ob aus der Dusche tödliches Gas ausströmt. Damit jedenfalls habe man versucht, sie zu töten. Das sei ein Test gewesen. Auch diese Aussage spreche für die psychische Krankheit zur Tatzeit. Der Vorsitzende Richter der 7. Strafkammer hatte alle verbalen Ausraster der Angeklagten mit beneidenswerter Gelassenheit über sich ergehen lassen, bis hin zu Behauptungen, das Gericht würde Beweismittel absichtlich verändern. Nur einmal, als die Frau mit ihren Beschuldigungen immer lauter wurde und ein geordneter Prozessverlauf nicht mehr möglich war, drohte der Vorsitzende ihr mit der Entfernung aus dem Gerichtsaal.

Dazu kam es allerdings nicht, auch als die Beschuldigte sehr lautstark die Urteilsverkündung kommentierte. Diesmal ließ sich der Vorsitzende Richter nicht stören und beendete die mündliche Verkündung. Bernd Winckler