Kirchheim
Brille mit Augmented Reality: Sie soll Krankenpflege erleichtern

Künstliche Intelligenz Studenten haben „Medical Care Glasses“ entwickelt. Betreut hat sie der Kirchheimer Christian Bell vom ­IT-Unternehmen iteratec. Von Thomas Zapp

Was kann künstliche Intelligenz für die Gesellschaft leisten? Diese Frage stellen sich nicht nur Wirtschaftsethiker oder Philosophen, sondern auch Informatiker und Hardware-Entwickler. Der Kirchheimer Chris­tian Bell hat mit seinen Kolleginnen und Kollegen beim Softwareunternehmen iteratec in Stuttgart die Frage an Werkstudenten gestellt, die für das Unternehmen im „Studentenlabor“ tätig sind. „Dabei ging es uns nicht um die Vermarktbarkeit, sondern nur um den gesellschaftlichen Mehrwert einer Idee“, sagt Bell.

Die Studentinnen und Studenten brachten das Thema Pflege und Pflegenotstand ins Spiel und kamen

Die Angst vor KI ist viel zu groß für das, was sie ist.
Christian Bell
Senior Business Architect bei iteratec


auf die Idee, einen Minibildschirm zu entwickeln, der für Pflegekräfte eine enorme Unterstützung werden könnte. Da er in eine Art Brille integriert ist, haben Pflegerinnen und Pfleger beide Hände frei, um den Patienten zu helfen. „Medical Care Glasses“ heißt der Prototyp. „Alle relevanten Patientendaten sind auf dem Bildschirm zu sehen“, erklärt Christian Bell das Prinzip. Statt in Papierform werden die Daten per Hologramm in der Brille eingeblendet.

Augmented Reality, Erweiterte Realität, nennt sich die computergestützte Realitätswahrnehmung. Dabei kommt auch künstliche Intelligenz zum Einsatz, denn die Brille soll auch Situationen eigenständig erkennen können, und die Pflegekräfte automatisiert bei ihren Tätigkeiten unterstützen. Die Pflegedokumentation kann durch Spracheinganbe oder Bilderkennung erfolgen. Auch die dreidimensionale Abbildung einer Wunde aufgrund von Vermessungsdaten soll der Computer erstellen können. So können die Pfleger und Ärzte die Wundentwicklung zu verschiedenen Zeitpunkten vergleichen. „Das ist ein gutes Beispiel: Sie könnten mit der Kamera direkt ein Foto machen und müssen dafür keine Hand frei haben, während sie die Wunde versorgen. Das ist außerdem viel hygienischer“, erklärt Christian Bell.

Patientenakte wird eingeblendet

Das Thema Dokumentation spielt eine große Rolle bei der Entwicklung der Idee: „Im Grunde kann man die gesamte Patientenakte sichtbar machen“, sagt Christian Bell. Und die wird ständig erweitert, einfach indem die Behandelnden und Pflegenden die Parameter in ein Mikro sprechen, die künstliche Intelligenz speist die Informationen dann als Daten ein. Denkbar sei auch, dass die Brille den Patienten oder die Patientin direkt erkennt und dann gleich die entsprechende Dokumentation aufruft, die richtige Medikation anzeigt und die Behandlung.

Das Ziel wäre nicht nur, mehr Zeit für Patienten zu haben. Auch in Notfallsituationen soll die Brille helfen, etwa um einen Krampf zu erkennen und Erste-Hilfe-Maßnahmen zu veranlassen. In Ostwestfalen, im Krankenhaus Bielefeld-Mitte, hat man die Brille bereits getestet. „Das war eine totale Bestätigung unserer Idee“, sagt Christian Bell, der selbst gelernter Informatiker ist. 

Nun geht es daran, für den Prototypen weitere Einsatzfelder zu finden, die mit der heutigen oder künftigen Technik abgedeckt werden können. Allerdings ist die Arbeit dazu erstmal getan. Das Ziel des Teams ist vor allem nun, die Chancen zu zeigen, die künstliche Intelligenz bietet. „Wir wollen einen Impuls geben, was man mit Technologie machen kann.“ Und dabei ganz nebenbei Vorurteile abbauen: „Die Angst vor KI ist viel zu groß für das, was sie ist. Ist sie eine allwissende Macht? Nein. Sie ist nur ein Tool.“

Info Mit der Veranstaltung „KI greifbar gemacht“ zeigt das KI-Lab der Wirtschaftsinitiative bwcon am Donnerstag, 19. Januar, ab 15 Uhr im Con4Rent in Kirchheim verschiedenste Anwendungsfälle mit künstlicher Intelligenz. Auch die AR-Brille wird dort vorgestellt. Die Veranstaltung ist gratis, anmelden kann man sich hier:
https://events.bwcon.de/events/ki-greifbar-gemacht-einsatz-von-bau-bis-agrar-praesenzveranstaltung/.