Kirchheim
Brillensammler aus Kirchheim: Sie saßen auf berühmten Nasen

Sammlung Der Ötlinger Optiker Wolfgang Retter hat in seinem Geschäft Original-Brillen von Prominenten ausgestellt. Ein Gestell des Landesvaters ist in Aussicht, das Modell eines „Sir“ ist sein Traum. Von Thomas Zapp

Kurz vor Weihnachten klingelte bei Optiker Wolfgang Retter im vergangenen Jahr das Telefon. Am Apparat war Barbara Genscher, Witwe des 2016 verstorbenen legendären Ex-Außenministers der Bundesrepublik Deutschland. „Sie sagte es tue ihr sehr leid, aber sie habe keine Brille ihres Mannes mehr“, erzählt der Ötlinger Brillenexperte. Die Brille, die der FDP-Politiker an jenem denkwürdigen Tag im Herbst 1989 auf dem Balkon der Prager Botschaft getragen hatte, das wäre es gewesen. 

Das Gestell hätte sicher einen Ehrenplatz in der Vitrine des Fachgeschäfts in Ötlingen bekommen, neben den getragenen Originalbrillen anderer Politgrößen wie der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber oder der prominente Linkenpolitiker und Moderator Gregor Gysi. „Die Idee hatte ich im Januar 2008“, erzählt Wolfgang Retter. Den Satz „mit der Brille sieht man aus wie dieser Prominente“ hatte er immer wieder von Kundinnen und Kunden gehört. Und da er ohnehin gerne Modellautos sammelte war der Schritt zur „Promi-Brille“ nicht mehr weit. Allerdings hatte er eine Grundregel: Von der Person musste sie auch wirklich getragen worden sein.

Rund hundert Briefe verschickte er mit der Zeit, lieber als E-Mails, die würden ohnehin meistens gelöscht. „Von etwa 50 Prozent bekommen Sie ein Antwort“, sagt er. Auch wichtig: Er bietet immer an, die Versandkosten zu übernehmen. Schließlich hatte er auch Erfolg. Eine sehr nette Antwort kam von Hitparaden-Legende Thomas Heck. „Eine „tolle Idee“ bescheinigte er dem Ötlinger und schickte ihm seine ausgediente Colani-Brille mit dem markanten Rundbogen, den Heck so gerne trug. Ein zweiter prominenter Brillenträger schickte gleich drei Exemplare, eine normale und zwei Sonnenbrillen: Horst Tappert, alias Derrick. Als Beleg kaufte Retter die Biografie des ehemaligen TV-Stars, auf dem Cover trägt er genau das Modell, das in der Vitrine in Ötlingen steht. Die markanten Sonnenbrillen wäre heute schon wieder modern, sagt Wolfgang Retter. Die millieuhafte Optik ist vor allem durch Rapper wieder salonfähig geworden. 

Auch die mittlerweile verstorbene TV-Moderatorin und Talkerin Ilona Christen hatte trotz schlechter Erfahrungen Vertrauen in den Ötlinger Optiker und schickte ihm zwei Exemplare ihrer markanten Modelle. Von CDU-Politiker Bernhard Vogel hat er ein Exemplar, von dessen Bruder Hans-Jochen Vogel bekam er die Sehhilfe leihweise. „Seine Frau rief mich aber zurück und meinte, dass sie die Brille eigentlich nicht mehr brauche. Jetzt ist es eine Dauerleihgabe.“ Die Brille der ehemaligen Parlamentspräsidentin Rita Süssmuth besitz er ebenfalls, allerdings kann die nicht in der Vitrine ausgestellt werden: „Die ist aus einem sehr weichen Material und löst sich mittlerweile auf“, sagt der Experte.

 

Genug Brillen hat er auf jeden Fall.
Wolfgang Retter
hätte gerne ein Exemplar von Elton John

 

 

Als Retters 24-jährige Tochter Leonie ihn darauf aufmerksam machte, dass die Brillen ja fast ausschließlich von älteren Prominenten stammen, die ihre Generation kaum oder gar nicht kenne, kam eine andere prominente Brillenträgerin ins Spiel, die auch prompt antwortete und lieferte: Die Schweizer Pop- und Soulsängerin Stefanie Heinzmann schickte Brille und Autogrammkarte. 

Einen erneuten Anlauf nach 15 Jahren will Wolfgang Retter für einen besonderen Brillenträger unternehmen, auch wenn er damals keine Antwort bekam: Pop-Ikone Sir Elton John. „Den schreibe ich auf jeden Fall noch einmal an, genug Brillen hat er ja auf jeden Fall“, sagt der Optiker lachend. Bei einem weiteren prominenten Brillenträger ist Wolfgang Retter schon weitergekommen: „Die Anfrage bei unserem Ministerpräsidenten läuft, und eine erste Antwort habe ich schon: Wenn er eine Brille übrig hat, können wir die haben.“ Die Versandkosten werden dabei wahrscheinlich nicht einmal anfallen: Kretschmanns Mitarbeiterin wohnt in Kirchheim und würde die Brille persönlich vorbeibringen.