Kirchheim

Bürgerbegehren wird zum Politikum

Einige Kirchheimer Stadträte plädieren im Ausschuss für die dezentrale Anschlussunterbringung

Das Kirchheimer Bürgerbegehren zur Anschlussunterbringung von Flüchtlingen hat jetzt den Gemeinderat erreicht: Es gab eine hitzige Ausschuss-Debatte.

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Festplatz hinter der Jesinger Gemeindehalle: Der Rasen im Vordergrund soll laut Bebauungsplan möglicherweise vier Gebäuden zur Anschlussunterbringung von Flüchtlingen weichen. Der Kran links im Bild gehört zu der privaten Baumaßnahme, die durch die städtischen Pläne ins Stocken geraten ist.Foto: Andreas Volz

Kirchheim. Im Technik- und Umweltausschuss des Gemeinderats ging es um den Bebauungsplan für den Festplatz Jesingen. Am östlichen Rand des Fußballfelds, also neben dem Parkplatz der angrenzenden Firma, sollen Unterkünfte für die Anschlussunterbringung entstehen. Die Stadt plant grundsätzlich mit vier Gebäuden, wie an allen anderen Standorten auch. Der Jesinger Ortschaftsrat dagegen wollte baurechtlich nur zwei Gebäude zulassen.

Dem Ausschuss war aber an der Option gelegen, gegebenenfalls auch mehr bleibeberechtigte Flüchtlinge unterbringen zu können. Sollte der Bedarf nicht so groß sein, reiche es zunächst, zwei Häuser zu bauen. Die allgemeine Stimmung in dieser Hinsicht gab Bürgermeister Günter Riemer vor: „Wir schaffen ja nur einen Bebauungsplan. Es geht noch nicht um den konkreten Baubeschluss.“

Vor September bestehe keine Notwendigkeit, einen solchen Baubeschluss zu fassen. Laut Riemer handelt es sich bei dem Thema häufig um ein „Rechnen mit vielen Unbekannten“. Wer die Flüchtlingszahlen bis 2020 benennen wolle, begebe sich auf das Feld der „puren Spekulation“. Deshalb müsse sich die Stadt hier alle Möglichkeiten offen lassen.

Ebenfalls spekulativ sind für den Bürgermeister die Einwände gegen volle vier Gebäude zur Anschlussunterbringung, die aus den unterschiedlichsten Lagern kamen. Albert Kahle (FDP/KiBü) nannte als erster die „Probleme mit dem gegenüberliegenden Grundstück, das sich nicht mehr vermarkten lässt“.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Walter Aeugle teilte diese Bedenken: „Wir schaffen eine Baumöglichkeit auf der einen Seite der Straße und tragen dazu bei, dass auf der anderen Seite für den privaten Investor keine Bebauung mehr möglich ist.“ Mit dem Einsatz öffentlicher Mittel werde ein anderes Projekt behindert oder gar unmöglich gemacht. Nach Aussage des Investors sei die Nachfrage für sein Bauprojekt zunächst ganz normal gewesen und erst dann eingebrochen, als der Gemeinderat im Februar den Beschluss zur Teilbebauung des Fest- und Fußballplatzes gefällt habe. Aeugle regte an, zu überprüfen, ob nicht die Stadt das derzeit ruhende Projekt auf der anderen Straßenseite übernehmen und mit geänderten Grundrissen fertigstellen könne – um dort günstigen Wohnraum schaffen zu können.

Für Günter Riemer hat die gesunkene Nachfrage für das private Objekt mit 20 Wohnungen nicht zwangsläufig etwas damit zu tun, dass die Stadt gegenüber bauen möchte. Die Übernahme des Projekts hält er aus zwei Gründen für wenig wahrscheinlich. Zum einen seien die Raumzuschnitte „für unsere Zwecke ungeeignet“. Zum anderen wolle die Stadt auf eigenen Grundstücken bauen, um Kosten für den Grunderwerb zu vermeiden.

Einen anderen Aspekt bei der Anschlussunterbringung brachte neben Walter Aeugle auch Ulrich Kübler (Freie Wähler) ins Spiel: „Wir sehen zwei Gebäude pro Standort als besser an, und wir halten 150 Menschen an einem Standort für zu viel.“

Noch grundsätzlicher wurde der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Thilo Rose: „Wir verwenden hier eine wichtige Freifläche für die Bebauung, und das stößt auf massive Widerstände.“ Er plädierte ebenfalls für eine „stärkere Dezentralisierung“ und ging dabei direkt auf das Bürgerbegehren ein: „5 300 Unterschriften, das ist eine Menge. Daran können wir nicht einfach vorbeigehen.“ Das Bürgerbegehren ist in seinen Augen „für viele ein Ventil, um ihrem Ärger darüber Luft zu machen, dass so viele Menschen unkontrolliert einreisen konnten“. Nun gelte es, nicht anerkannte Flüchtlinge konsequent in ihre Heimatländer zurückzuführen, denn: „Wir können nicht alle aufnehmen, die – selbst aus nachvollziehbaren wirtschaftlichen Gründen – hier einreisen. Das muss man deutlich kommunizieren, weil wir uns sonst hier vor Ort überfordern.“

Diese Frage kann freilich vor Ort kaum gelöst werden. Die Kommunen sind für die Unterbringung verantwortlich, nicht aber für die Rückführung. Deshalb hat der Ausschuss auch mit großer Mehrheit beschlossen, im Bebauungsplan vier Gebäude zuzulassen – in der Hoffnung, dass zwei Gebäude für den tatsächlichen Bedarf ausreichen mögen.