Kirchheim
Bürgerseen: Die Badeinsel ist dort, wo „Enten hausen“

Neujahrsempfang Kirchheims Oberbürgermeister Pascal Bader spricht zum gesellschaftlichen Jahresauftakt in der Stadthalle über anstehende Projekte, Jubiläen – und über bürokratische Absurditäten. Von Andreas Volz

Ganz Kirchheim trifft sich zum Jahresbeginn in der Stadthalle – zum zwanglosen Gespräch beim Neujahrsempfang des Oberbürgermeisters. Der Gastgeber lieferte Themen zuhauf in seiner 74-minütigen Rede. Zur Notwendigkeit des Bürokratieabbaus brachte er ein besonders eindrückliches Beispiel für die herrschende Überregulierungswut. Es ging um das Baden im größten der drei Bürgerseen.

Der Steg und die Badeinsel seien dringend sanierungsbedürftig, stellte er fest. Selbst bei angespannter Haushaltslage sollte das möglich sein, dachten wohl die meisten im vollgefüllten Saal. Das Geld ist in diesem Fall aber gar nicht das
 

Du bist selber verantwortlich für das, was du tust.
Pascal Bader
setzt einen Kontrapunkt zur allgemeinen Vollkasko-Mentalität.

Problem – „denn je nach Deklarierung verändert sich die Haftung der Stadt für sicherheitsrelevante Vorfälle“. Bei einer „Badestelle“ wäre die Haftung der Stadt gering. Aber: „Bei einer Badestelle dürfen keine Stege oder Badeinseln vorhanden sein.“

Zwei Möglichkeiten gäbe es nun: Badeaufsichten einzustellen – oder aber Steg und Badeinsel einzuzäunen. Letzteres ist absurd, weil weder ein eingezäunter Steg noch eine eingezäunte Badeinsel ihren Zweck erfüllen. Und Badeaufsichten sind schon für das Freibad kaum mehr in genügender Anzahl zu finden. Sarkastisch fügte Pascal Bader noch eine weitere Lösung an: „Auch wenn es wie eine Posse klingt – gegebenenfalls könnte sogar ein Umdeklarieren der Badeinsel in Frage kommen: von der Badeinsel zur Enteninsel.“ Das Gelächter war groß, und deshalb fügte der Oberbürgermeister an: „Wir prüfen das wirklich.“

Würde die Stadt also den Hinweis „Nur für Enten“ anbringen, „kommen wir dadurch vielleicht ja aus der Haftung raus.“ Ganz ernsthaft aber schlug Pascal Bader vor, auf Seen künftig eine ähnliche Lösung anzuwenden, wie sie bereits für den Wald gilt: „Der Waldbesitzer haftet nicht für waldtypische Gefahren.“ Wer also in den Wald geht, muss damit rechnen, dass ihm ein Ast auf den Kopf fallen kann. Analog: Wer in einen See geht, muss damit rechnen können, dass das für Nichtschwimmer gefährlich werden kann. In den Worten Pascal Baders heißt das: „Du bist selber verantwortlich für das, was du tust.“ Das klingt nach gesundem Menschenverstand, aber gerade der scheint in letzter Zeit immer weniger gefragt zu sein.
 

Ende 2024: Beschluss zum Hallenbad

Zum Baden hatte Bader noch eine andere Botschaft: „Im Hintergrund treiben wir auch das interkommunale Hallenbad in Kirchheim voran.“ Ziel sei es, bereits Ende 2024 den Beschluss über den Bau des Hallenbads fassen zu können: „Wir sind hierbei sehr froh, dass sich andere Kommunen aus dem Umland an dem Vorhaben beteiligen möchten.“

Anders sieht das bei den anstehenden Generalsanierungen für das Ludwig-Uhland- und das Schlossgymnasium aus: Auch in diesem Fall sollen sich die Umlandkommunen an den Kosten beteiligen – allerdings nicht freiwillig. Sie sind nach einem Verwaltungsgerichtsurteil dazu verpflichtet. Um aber die tatsächliche Kostenbeteiligung festlegen zu können, braucht es viel Detail­arbeit, an deren Ende möglicherweise doch der Gang zu den Gerichten stehen könnte. Wie es weitergeht, bleibt spannend. Eine Prognose Pascal Baders ist in diesem Zusammenhang aber äußerst verlässlich: „Der Teckbote wird immer wieder darüber berichten.“

Weitere Aussichten für 2024: Der Spatenstich für das neue Verwaltungsgebäude Marktstraße 1 + 3 erfolgt am Samstag, 20. Januar, um 11 Uhr. 22,8 Millionen Euro steckt die Stadt in dieses Bauprojekt.

Gebaut werden auch Wohnungen. Für die Aufnahme von Geflüchteten entstehen Gebäude auf dem Güterbahnhofsgelände in Kirchheim sowie im Lindorfer Weg, auf dem Schafhof und im Veilchenweg. Um den sozialen Wohnungsbau kümmert sich ein städtischer Eigenbetrieb, der in den kommenden fünf Jahren insgesamt 25 Millionen Euro in „Neubau, Erwerb und Sanierung von Wohngebäuden“ investieren will.

Über 34 Millionen Euro investiert die Stadt in den nächsten fünf Jahren in Schulen und Kindergärten. Auf den Naturkindergarten am Galgenberg folgen im Herbst 2024 der Jurtenkindergarten auf dem Schafhof und 2025 die Kindertagesstätte in der Tannenbergstraße. Hinzu kommen Erweiterungen von Grundschulen, um den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung ab dem Schuljahr 2026/27 umsetzen zu können.
 

Das Wahlrecht wahrnehmen

Eine weitere Prognose Pascal Baders für 2024 betraf das Wahljahr, insbesondere die Kommunalwahlen am 9. Juni. Hierzu forderte er alle Wahlberechtigten auf, das Wahlrecht auch wahrzunehmen. Vor allem aber wies er noch auf das passive Wahlrecht hin und machte Werbung dafür, sich auf einer der Listen selbst um einen Sitz im Gemeinderat zu bewerben.

Kirchheims Oberbürgermeister Pascal Bader zeigte sich bei seiner Rede zum Neujahrsempfang in der Stadthalle gewohnt gutgelaunt.     Foto: Markus Brändli

Ehrenamtliches Engagement würdigte der Oberbürgermeister in seiner Ansprache generell. Einzelne Jubiläen hob er besonders hervor: Die Turmbläser engagieren sich bereits seit 500 Jahren. Seit 175 Jahren gibt es in Kirchheim eine Freiwillige Feuerwehr, und seit 125 Jahren besteht der TSV Jesingen. Der Musikverein Lindorf feiert 2024 sein 100-jähriges Bestehen und stellte in der Stadthalle seine musikalische Schlagkraft im Rahmenprogramm unter Beweis. Weitere Jubiläen: Seit 50 Jahren gibt es die Musikschule Kirchheim, und vor 300 Jahren war der Neubau des Rathauses nach dem Stadtbrand abgeschlossen. Es gibt also im Lauf des Jahres genügend Grund zum Feiern – und zu optimistischer Vorfreude.