Kirchheim
Christliches Familienzentrum:  „Kommt einfach mal vorbei“

Familie Der Bekanntheitsgrad des Christlichen Familienzentrums Kirchheim ist noch ausbaufährig. Doch die großen und kleinen Besucher werden mehr. Von Peter Dietrich

Den Kindern, die an diesem Nachmittag um 14.30 Uhr aus der benachbarten Kindertagesstätte der Traub’schen Stiftung ins Christliche Familienzentrum Kirchheim neben der Christuskirche kommen, braucht niemand mehr etwas erklären. Sie verteilen sich flugs auf das Bällenetz, die Holzeisenbahn, das Vorlesesofa und andere Spielgelegenheiten. Doch wie würden wohl etwas ältere Kinder in der Fernsehsendung „Dingsda“ erklären, was ein „Familienzentrum“ ist? Vielleicht „ein Kindergarten, zu dem auch Erwachsene hingehen“? Damit lägen sie ziemlich richtig. Denn mit dieser Einrichtung will die Evangelische Gesamtkirchengemeinde Kirchheim junge Familien fördern. „Unsere vier B sind Begleitung, Beratung, Betreuung und Begegnung“, sagt die Leiterin Regina Müller-Walzok.

„Dass ich Erzieherin werden wollte, wusste ich schon im Alter von fünf Jahren“, sagt sie. Doch andere rieten ihr damals massiv ab, der Beruf sei total überlaufen. Dann eben ins Büro, sagte sie sich, und handelte sich bei 70 Bewerbungen 70 Absagen ein. Um dann ganz flugs in Holzmaden eine Ausbildung zur Erzieherin zu bekommen – da hatten die Bedenkenträger wohl ihre Rechnung ohne die göttliche Vorsehung gemacht. Später setzte Regina Müller-Walzok noch ihren Bachelor in „Sozialem Management“ drauf.

 

Das ist für die ganze Familie von 0 bis 100 Jahren, da sind jedes Mal mindestens 80 Leute da.
Regina Müller-Walzok
Leiterin des Christlichen Familienzentrums über den großen Zuspruch bei der „Kirche Kunterbunt“
 

Das Familienzentrum begann mit ihr, sie hatte keine Stellenvorgängerin. „Es ist schön, Angebote entwickeln zu können“, sagt sie. „Zu überlegen, was können wir noch machen.“ Sie plant nicht alleine, sondern mit einem sechsköpfigen Team, das von einer größeren Mitarbeitergruppe umgeben ist.

Prächtig entwickelt hat sich etwa die „Kirche Kunterbunt“, viermal jährlich am Sonntagnachmittag. „Das ist für die ganze Familie von 0 bis 100 Jahren, da kommen auch Großeltern mit, da sind jedes Mal mindestens 80 Leute da.“ Bei diesem Angebot arbeitet das Familienzentrum mit der Katholischen Gesamtkirchengemeinde Kirchheim und dem CVJM zusammen. „Da gibt es viel zu tun, es ist gut, wenn das eine breite Basis hat.“

Es gibt eine Kaffeerunde, gemeinsames Singen, Aktivstationen. „Manche Eltern sind froh, wo zu sein, wo sie nicht schief angeschaut werden, wenn ein Kind nicht ruhig ist.“ Weil manche Familien unter der Woche durch den Beruf, die Ganztagsschule und vieles mehr zwangsweise getrennte Wege gehen, wachse das Bedürfnis, am Wochenende etwas Gemeinsames zu machen. Zum Abschluss der „Kirche Kunterbunt“ gibt es ein Abendessen, zuhause stehen dann nur noch das Zähneputzen und Zubettgehen an.

Manche Eltern rufen an und fragen: „Muss man sich zum Familienzentrum anmelden?“ Nein, antwortet Regina Müller-Walzok dann. „Kommt einfach vorbei.“ Etwa am Freitagvormittag zum Begegnungscafé. Dort freuen sich viele Eltern, Mamas und Papas, wenn sie mal mit anderen Eltern reden können. Solange, wie sie können und möchten, dann gehen sie wieder.

Von wegen Mamas und Papas: Als neulich zwei Männer beim Kinderkleiderbasar waren, den es im Herbst seit 20 Jahren gibt und der nun zum Familienzentrum gehört, bedauerten diese, dass es zwar Kaffee gab, aber kein Bier. Sie boten an, sich beim nächsten Mal darum zu kümmern, und wurden gerne verpflichtet.

Regina Müller-Walzok weiß auch, wie begeistert manche Männer mit den bunten Noppensteinen bauen. „Bei der Mitarbeitersuche für die Legostadt mit 46 Kindern und 100 000 Steinen zum fünfjährigen Bestehen des Familienzentrums musste ich manchen erklären, dass sie nicht selber bauen sollen, sondern die Kinder beim Bauen begleiten.“

Es gibt auch ernste Themen

Im Familienzentrum geht es auch um ernste Themen, gibt es Themenabende zu „Trauer, Abschied und Sterben“ und zum Umgang mit der Pubertät. Auch Ferienbetreuung gehört zum Sortiment, in den Faschingsferien waren 27 Kinder da. Bis sie am Samstag am Ende der ersten Schulwoche eingeschult werden, werden Erstklässler fünf Tage lang im Familienzentrum betreut.

„Ich weiß nie, wer kommt und was kommt“, sagt Regina Müller-Walzok, und genau das gefällt ihr. Und sie mag es, die Kinder beim Wachsen zu begleiten: „Manche Eltern sind mit dem Krabbelkind hergekommen, jetzt ist es fünf oder sechs Jahre alt.“