Im Kreis Esslingen wurden im vergangenen Jahr rund 17 900 Tonnen Süßwaren gegessen - davon allein 5000 Tonnen Schokoladenwaren, 3000 Tonnen Knabber-Snacks und 2400 Tonnen Speiseeis. Diese Zahlen hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) ermittelt.
Pro Kopf ist der Verbrauch im Jahr 2020 angestiegen. Nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie hat jeder Bundesbürger im ersten Pandemie-Jahr im Schnitt rund 33,4 Kilo süße und salzige Snacks vertilgt. Das sind 2,6 Prozent mehr als im Jahr zuvor. pm
Für viele Menschen ist augenfällig, was Dr. Katja Frankenbusch Monat für Monat vor Augen hat: Viele Familien, die mit ihren Kindern in die Kirchheimer Praxis für Kinder- und Jugendmedizin kommen, nehmen in der Pandemie zu. Und häufig in einem Maße, das der Medizinerin große Sorge bereitet.
Die Kinderärztin hat Verständnis für gestresste Eltern. Meistens sind das Kinder, die vorher schon mit ihrem Gewicht gekämpft haben“, sagt Frankenbusch. Unter den Kindern, die so stark zugelegt haben, seien auch Grundschüler, hauptsächlich seien jedoch Kinder ab zehn Jahren, und darunter besonders die 13- bis 15-Jährigen, betroffen. Die erzwungene Isolation trage zu diesem Trend bei. „Viele Jugendliche sagen: Ist doch egal, es sieht mich ja eh keiner“, sagt die Kinderärztin.
Andere Experten bestätigen diesen Trend. Ernährungsmediziner der Uni München haben eine Forsa-Umfrage in Auftrag gegeben, laut der 27 Prozent der Eltern und neun Prozent der Kinder unter 14 Jahren zwischen dem Lockdown im vergangenen März und der Umfrage im September an Gewicht zugelegt haben. Betroffen seien besonders Kinder aus sozial schwachen Familien. „In vielen dieser Familien können es sich die Eltern gar nicht leisten, zusammen zu kochen. Da guckt keiner, was die Kinder essen“, sagt Frankenbusch. Seine Kinder gesund zu ernähren, sei eine Frage der Zeit und des Geldbeutels. „Und am Ende ist es dann oft noch nicht mal das, was die Kinder gerne essen.“
Doch nicht nur in sozial schwächeren Familien bringen Kinder und Erwachsene im Verlauf der Pandemie immer mehr Kilos auf die Waage. „Durch das Homeschooling gibt es keinen geregelten Tagesablauf, und damit fehlt auch das Intervall von Mahlzeiten“, sagt Katja Frankenbusch. Die Vorratskammern seien die ganze Zeit erreichbar. Die Kinderärztin versteht, dass Eltern überfordert sind und nicht immer mit ihren Kindern über Ernährung streiten können und wollen. „Irgendwann haben die Eltern auch keinen Nerv mehr, sich zwischen Kind und Kühlschrank zu schmeißen.“
Gesunde Ernährung trainieren
Dr. Katja Frankenbusch weiß, dass viele Kinder das zusätzliche Gewicht auch noch dann mit sich herumschleppen werden, wenn die Pandemie längst vorüber ist. „Menschen, die im jungen Erwachsenenalter eine Reha wegen einer echten Fettleibigkeit machen, waren häufig schon im Kindergartenalter moppelig.“ Die Kirchheimer Kinderärztin ist aber erleichtert, dass die AOK Adipositas als Diagnose anerkannt hat. Im Sommer beteiligt sich ihre Praxis an einem Projekt namens „Starkids“, in dessen Verlauf Kinder und deren Familien auf eine gesündere Ernährung trainiert werden sollen. „Manche Leute glauben ja, Mezzo Mix wäre ein vitaminhaltiges Getränk“, sagt sie.