Kirchheim

„D‘ Aora miaßt frei sei“

Musik Der Gitarrist und Sänger Werner Dannemann veröffentlicht sein erstes Album mit schwäbischen Texten. Von Günter Kahlert

Zu Hause in seinem Musikzimmer produziert Werner Dannemann die Demos zu seinen Songs.Foto: Günther Kahlert
Zu Hause in seinem Musikzimmer produziert Werner Dannemann die Demos zu seinen Songs.Foto: Günther Kahlert

Das hat ja ganz schön lange gedauert. Mehr als 50 Jahre steht der Gitarrist, Sänger, Komponist und Ur-Schwabe Werner Dannemann schon auf der Bühne, hat mehr als 1 000 Songs geschrieben, 22 Rock-Alben in Englisch veröffentlicht und jetzt das: Das schwäbische Album „I brauch Lux“.

Warum gerade jetzt schwäbisch, nach so langer Zeit? Er lacht, „deshalb heißt‘s im Untertitel ja auch ,endlich schwäbisch‘“. Dialekt ist ihm zwar immer wieder „im Kopf herumgegangen, aber nicht wirklich stark“. Dann die Initialzündung. Im Herbst 2016 schreibt er aus einer Laune heraus ein Lied über seinen Großvater: „D‘ Aora miaßt frei sei“, aus dem Filstal-Schwäbisch übersetzt heißt das „Die Ohren müssen frei sein“. Was vielleicht nach einem Anflug von Altersweisheit klingt, dreht sich schlicht um die langen Haare und die Friseur-Phobie des Enkels Werner. Beides fand der konservative Opa gar nicht gut. Jedenfalls kam Werner Dannemann auf den Geschmack, der Song war gut und er dachte sich „Ich spiele ganz normal Rock und singe halt schwäbisch“. Aber es gab noch eine wichtigere Motivation: „Ich kann es teilweise nicht ertragen, wie unsere Sprache ausstirbt. Da möchte ich meinen kleinen Beitrag zum Erhalt des Dialekts bringen.“

Jedenfalls hat es nach dem „Großvater-Erlebnis“ gesprudelt, wie er erzählt. 28 Lieder innerhalb von zwei Wochen komponieren, texten und arrangieren, das ist selbst für den Vielschreiber Dannemann eine neue Erfahrung: „Ich habe für nichts mehr Zeit gehabt, das war eigentlich verrückt.“ Bis spät in die Nacht sitzt er in seinem Musikzimmer, wo er inmitten seiner Gitarrensammlung einen bescheidenen Aufnahmeplatz installiert hat, sein „Home Office“ sozusagen. Mischpult, Drum-Computer, Mikrofon, dazu wechselweise Gitarre und Bass. Damit setzt er seine Ideen um und produziert Demos zu den Songs. Die kann er prob­lemlos seinen Mitmusikern Martin Huber (Schlagzeug) und Frank Bittermann (Bass) per E‑Mail schicken. Beide sind auch am Freitag, 7. April, im Kirchheimer Stadtkino dabei, wenn „I brauch Lux“ zum ersten Mal live präsentiert wird. „Eine echte Weltpremiere“, wie Werner Dannemann augenzwinkernd betont.

Einen „Aufwärmer“ gibt es auch an diesem Abend, ebenfalls schwäbisch. Der Kirchheimer Kult-Liedermacher Günther Wölfle wird Teile seines „Beschd Of“-Programms spielen. Zum „Ginne“ hat Werner Dannemann eine ganz besondere Beziehung und die reicht tief in die Geschichte der Kirchheimer Musikszene zurück. 1982 stieß er als Gitarrist bei den Plattenaufnahmen zu Wölfles ­„Goischderfahrer“ dazu. Und das ist die erste LP-Veröffentlichung auf deren Hülle Werner Dannemann als Musiker auftaucht. Aufgenommen wurde damals im Kirchheimer Spygel-Studio in der Villa. „Das ist schon lustig“, schmunzelt er, „meine erste Platte war eine schwäbische!“ Seitdem ist der Kontakt zu Günther Wölfle nie ganz abgerissen. Dannemann schätzt den Kirchheimer ganz besonders: „Ich bin ein Fan vom ,Ginne‘, ich glaube das weiß der gar nicht. Seine Art Geschichten zu erzählen ist einfach klasse.“

Von diesem Geschichtenerzählen hat sich Werner Dannemann auch bei den Texten für seine erste schwäbische Eigenproduktion inspirieren lassen. Wobei er nicht den „Spaßmacher“ geben will, was man ja durchaus auch oft mit Mundart verbindet. Ein paar Beispiele: Der Titelsong „I brauch Lux“ handelt von einem Bildschirmsüchtigen, der eine Therapie braucht, „Schmusa mit dr Venus“ sind sehr persönliche Empfindungen, „Dia holad ons ab“ hat die Judenverfolgung aus dem Blickwinkel eines Jugendlichen zum Thema und „I gründ a Partei“ dann wieder sehr witzig. Werner Dannemann sieht sich als Beobachter, „ich stelle fest, was ich um mich herum so sehe, aber ich habe keine Botschaft. Das wäre heutzutage albern.“

Dass das „Schwaben-Debüt“ von Werner Dannemann im Kirchheimer Stadtkino über die Bühne geht, ist kein Zufall. Ex-Bärenwirt Michael Holz, der das Stadtkino als „Event-Location“ betreibt, hat in den 90er-Jahren mit Dannemann in einer WG in der Dettinger Straße gewohnt und sie sind seither immer in Kontakt. „Da war es schon aus alter Freundschaft klar, dass wir die CD-Präsentation im Stadtkino machen“, erzählt Michael Holz. Bleibt nur ein kleiner Warnhinweis für „Reig‘schmeckte“: mit den Texten, das könnte schwierig werden.

Das Cover von „I brauch Lux“.
Das Cover von „I brauch Lux“.