Kirchheim
Danke, Generation fff!

Serie  Man ist, was man isst. Von Irene Strifler

Ein Vegetarier beim Fest, oh Schreck! So oder ähnlich dachten Angehörige der Generation Babyboomer lange, wenn sich in fröhliche, bratenhungrige Festrunden eines jener Exemplare mischte, das demonstrativ nur Blaukraut und Knödel mümmelte oder aber eine aufwendige Extrawurst, was hier nicht im Wortsinn stimmt, gebraten bekam. Restaurants führten auf der Karte oft ein einziges Alibi-Gericht ohne Fleisch. Ich erinnere mich gut an den Besuch in einem Kölner Brauhaus, bei dem eine Freundin, die den Durst alkoholfrei löschen und den Hunger vegetarisch stillen wollte, vom Köbes angeherrscht wurde: „Was willst Du dann hier überhaupt?“.
Langsam, ganz langsam, nahm die Zahl derer zu, die bei der Ernährung auf Tiere ganz oder teilweise verzichteten. Auf den Speisekarten zog die Rubrik „ohne Fleisch“ ein, was auch Fisch und Fleischsoße einschloss.


Der gesellschaftliche Quantensprung vollzog sich, als die Kinder der Babyboomer plötzlich Teenager wurden. „Die Clara isst jetzt kein Fleisch mehr, der tun die Kälbchen leid“, hieß es da in der einfühlsamen Mütterrunde, oder „Der David will die Umwelt schonen, der verzichtet auf Fleisch und Fisch“. Und siehe da: Plötzlich hatten Eltern und Großeltern Verständnis für solch sensible Geschöpfe aus eigenem Blut – und schlossen sich an, schon aus praktischen Gründen.


Clara, David und ihre Altersgenossen sind jetzt groß und haben als „Generation fff“ (fridays for future) mit ihrer Ernährung Maßstäbe gesetzt: Auf „lecker.de“ oder „kochbar“ werden täglich massenweise Rezepte hochgespült, die ohne Fleisch und Fisch auskommen, dafür auf Curry oder Ingwer setzen. „Essen und Trinken“ und ähnlichen Printmagazinen sind Sonderausgaben nicht vegetarischen Rezepten gewidmet, sondern Titeln wie „Die schönsten Braten nach Omas Rezept“. Das Angebot der Supermärkte an Fleischersatz-Artikeln wächst gefühlt täglich. Wer stets auf Schnitzel drängt, muss sich als Umweltsünder und Ewiggestriger rechtfertigen. Auf die Tische der Haushalte kommt Vegetarisches für alle als gemeinsamer Nenner, denn Gemüse schadet auch Karnivoren nicht. Das Beste aber ist: Das Zeug schmeckt super lecker, die Geschmacksknospen werden immer feiner, der Gesundheit der „Babyboomer“ und der Umwelt ist‘s zuträglich.  Danke, Generation fff!