Neue Ideen in einer herausfordernden Zeit umsetzen – das ist dem Musikverein Dettingen gelungen. Anstatt resignierend den Kopf in den Sand zu stecken, drehten die Mitglieder spontan den Spieß um und zeigten der Pandemie, was eine Harke ist. „Die erste Aktion war ganz schnell. Nicole meinte bei der letzten Probe, wir könnten eine Kuchenaktion machen“, erzählt Birgit Hayler. Gerade mal vier Wochen blieben Zeit, denn der Jahreszeit gemäß sollten Zwiebelkuchen gebacken werden und für die Schleckermäuler Kuchen. „Sahne ist schwierig, deshalb haben wir uns auf Käse-, Rühr- und Apfelkuchen beschränkt“, sagt Nicole Wimmer. Dass sie mit Birgit Hayler 20 Kilo Zwiebeln in ihrer Küche schälen und klein hacken würde, hat sie zu dem Zeitpunkt nicht geahnt. Überrascht war auch Birgit Hayler – und zwar von ihrer alten, kleinen Küchenmaschine, die tatsächlich diese große Menge Zwiebeln anstandslos verarbeitete.
Doch zunächst hieß es, die Dettinger über die Aktion zu informieren. Birgit Hayler entwarf die Flyer, 3000 Stück mussten aber auch verteilt werden. Jetzt war das Organisationstalent von Nicole Wimmer gefragt. Bei ihr liefen die Fäden zusammen und zusammen erstellten sie den Verteilerplan. Straßenzüge wurden gebündelt und die Mitglieder auf Tour geschickt. „Das lief alles auf freiwilliger Basis, genauso wie das Kuchenbacken. Ohne unsere Mitglieder hätten wir das nie geschafft. Das war eine Gemeinschaftsaktion“, betonen die zwei immer wieder unisono, denn am Ende waren es vier Aktionen, die der Verein auf diese ungewöhnliche Weise gestemmt hat.
Das Ganze kam im Dorf bestens an. Es musste sogar SOS gefunkt werden, um noch mehr Kuchen auf den letzten Drücker gebacken zu bekommen, denn die Bestellungen rissen nicht ab. Nicole Wimmer war unermüdlich am Telefon, und nahm an, was der Hörer und die Mitglieder hergaben. Auch aus Kirchheim und den umliegenden Gemeinden wurden Wünsche angemeldet, nachdem auch im Teckboten über die Aktion berichtet worden war. Den Auswärtigen wurde sogar vor die Haustür geliefert – auch hier galt es wieder einen Tourenplan zu erstellen. Die Dettinger konnten ans Fenster des Vereinsheims in die Schlossberghalle kommen, und pandemiegemäß mit Abstand ihre Bestellung abholen.
Die Verordnungen stellten eine weitere Hürde am Verkaufstag dar. Die Personenzahl, die sich einen Raum teilen durfte, war begrenzt. Morgens um 6 Uhr begann deshalb die Schicht, damit bis 11 Uhr alles vorbereitet war. Birgit Hayler hat alle Kuchen in zwölf Teile geschnitten – der Arm hielt durch. Jede Bestellung wurde in Papier verpackt, mit Namen versehen und alphabetisch auf dem großen Tisch angeordnet. So lief die Ausgabe bis 16 Uhr problemlos. Das war am 8. November 2020, und gleich danach beschlossen die Mitglieder, eine weitere Aktion zu starten. Am Ende waren es vier, die zweite fand im Advent statt. Plätzchen standen im Mittelpunkt, ergänzt durch Kuchen (siehe nebenstehendes Rezept) und ein paar Likörsorten. Adäquat folgte Ostern mit Osternestern, perfekter Rüblitorte und vielem mehr, den Schlusspunkt setzte „Wir bruzeln das“. Der Publikumsmagnet Vatertagshock am Hirschsprung musste 2021 wieder ausfallen, und so gab es Schweinshaxe mit Knautzen und Weißwürste mit Brezel – Weizenbier immer inklusive. Die Männer hatten sich beschwert, dass es für sie nie „was Richtiges“ gab.
Als die Frauen und Vorsitzender Erich Renke von den Aktionen erzählen, leuchten die Augen. Ihnen war klar, ohne Einnahmen kann der Verein nicht lange existieren. Ausgaben müssen getätigt werden. Die Proben lagen auf Eis, die Dirigenten bekamen aber weiterhin ihr Salär, ihnen sind ohnehin viele Einnahmen weggebrochen.
Und da ist vor allem der Musikernachwuchs, ohne den kein Verein überleben kann. Die Ausbildung und die kleinen Instrumenten wollen finanziert werden. Die ganz Kleinen beginnen mit der Blockflöte, weiter geht es in Zweiergruppen an den Instrumenten, dann folgt der Einzelunterricht bei Profis. „,Wir backen das’ und ,Wir brutzeln das’ hat uns das Überleben gesichert – und dieses Jahr feiern wir unser 100-jähriges Bestehen“, freut sich nicht nur Jugendleiterin Mona Sigel über die gelungenen Aktionen, sondern der gesamte Verein – und auf das Festwochenende. Die Jubiläumsveranstaltung findet vom 21. bis 23. Oktober statt. Nach so langer Pause freuen sich die Musikerinnen und Musiker der Stammkapelle auf ihren Auftritt.
Glühweinkuchen à la MV Dettingen
Bis zur Adventszeit ist es zwar noch ein Weilchen hin, doch bekanntlich steht Weihnachten schneller vor der Tür als Manchen lieb ist. Die Tage werden auch merklich kürzer und die Nächte wieder kühler – da kann man sich gedanklich schon mal mit einem leckeren Glühweinkuchen auseinandersetzen.
Das Rezept:
300 g weiche Butter mit
300 g Zucker und
3 Pk. Vanillezucker schaumig rühren.
6 Eier trennen und jedes Eigelb einzeln unterrühren; das Eiweiß zu Schnee schlagen (wird am Schluss untergehoben).
2 gehäufte TL Kakaopulver und
1 gehäufter TL Zimtpulver (Birgit Hayler gibt noch 1 EL Stollengewürz hinzu) zugeben.
300 g Mehl mit
1 Pk. Backpulver sieben und mischen und löffelweise abwechselnd mit
300 ml Glühwein unter die Masse rühren.
1 Tafel Blockschokolade oder
200 g Schokoflocken in Stücke häckseln und mit dem
Eischnee am Schluss unterheben. – Eine Napfkuchenform ausbuttern und mit Paniermehl ausstreuen und die Teigmasse einfüllen. Birgit Hayler hat noch von ihrer Oma eine alte Weißblech-Frankfurter Kranz-Form von Dr. Oetker – „Das Beste ever“, lautet ihr Urteil.
Bei 175 Grad ca. 50 bis 60 Min. backen. Stäbchenprobe machen; damit sieht man am ehesten, ob der Kuchen noch speckig ist. Herausnehmen und in der Form noch 10 Minuten abkühlen lassen – stürzen und erkalten lassen.
Entweder mit Puderzucker bestäuben oder aus
4 EL Glühwein und 1 Pk. Puderzucker eine dickflüssige Masse anrühren und den kalten Kuchen damit bestreichen. Schokoglasur geht natürlich auch.
Gutes Gelingen . . .