Kirchheim

Das Häuschen war einst Teil der Reklame

Architektur Eberhard Sie­ber erklärt, wie repräsentative Gebäude auch früher schon das Ansehen von Unternehmern stärkten.

Kirchheim. Was macht das „Schweizerhaus“ im Weise-Park zum einmaligen Denkmal? Der Historiker Eberhard Sieber beschreibt es folgendermaßen: „Auf einem durch Felsbrocken und Steinen errichteten Hügel steht ein zweistöckiges Gartenhaus mit umlaufendem Balkon. Es ist mit Schindeln verkleidet und bot den Besuchern einen grandiosen Blick auf den Weiseschen Grundbesitz und weiter bis auf die Schwäbische Alb.“

Letzteres war wichtig, denn Architektur hatte „eine enorme Reklamewirkung“, wie Eberhard Sieber weiter ausführt. Ein großes Firmen- und Privatgelände, einschließlich Ausblick auf den Albtrauf, vom erhöhten Standpunkt aus vorführen zu können, war weit mehr als der persönliche Spleen eines erfolgreichen Unternehmers. Es war Teil seiner PR-Arbeit. Wer sich solche Fabriken samt danebengelegener Villa - respektive Villen, denn den heutigen Sitz des Kirchheimer Polizeireviers ließ Max Weise 1907 für seinen Sohn Fritz bauen - und großzügigem Park leis­ten konnte, musste Qualitätsprodukte bieten können.

Max Weise war sich der Bedeutung der Architektur vollauf bewusst, stellt Eberhard Sieber fest: „Dazu gehörte auch der private Wohnsitz des Fabrikanten. Nicht umsonst nahm die Villa auf dem Briefkopf der Firma einen zentralen Platz ein.“ Weise, der ursprünglich aus Sachsen stammte, hatte 1887 Emil Helfferichs kleine Schrauben- und Flanschenfabrik aufgekauft und zu einem Marktführer weiterentwickelt: „Aus einer kleinen Schraubenfabrik wurde ein europaweit agierender Produzent von Flanschen, und Weise wurde ein angesehener Bürger der Stadt Kirchheim.“

Kühlung durch moderne Technik

Ein angesehener Bürger musste repräsentieren. Villen und ihre Parks erinnerten an Schlösser des Adels. Nicht umsonst vergleicht Eberhard Sieber das „Schweizerhaus“ in Weises Park mit einer barocken „Sala terrena“, einem Gartensaal, der im Sommer Kühle versprach. In Kirchheim geschah dies 1905 mittels Technik auf der Höhe der Zeit. Der künstliche Hügel diente nicht nur der besseren Aussicht. Er verfügte auch über eine begehbare Grotte und einen Tank, der 3 000 Liter Wasser fasste: Das bot die Gelegenheit, „das Wasser über die Felsen Wasser rieseln zu lassen und sich so an heißen Sommertagen Kühlung zu verschaffen“.

Ein solches Denkmal - auch der Technikgeschichte - wäre also auf jeden Fall erhaltenswert. Ähnliches gilt laut Eberhard Sieber für den Gartengeräteschuppen, „der in seiner Funktion weit über den Zweck der Aufbewahrung von Gerätschaften hinausgeht. Er ist geradezu ein Schmuckstück mit Jugendstilmotiven.“ Die Zeit, das zu erhalten, drängt. Andreas Volz