Kirchheim

„Das ist wie bei Schulmedizin und Homöopathie“

Gewässerrand In der Dauerdebatte ums Bäumefällen in Kirchheim zeichnen sich keine Kompromisse ab.

Foto: Carsten Riedl

Kirchheim. Bäume sind ein heikles Thema in Kirchheim. Das zeigte sich auch beim Jahresbericht, den der Kirchheimer Umweltbeauftragte Wolf Rühle im Technik- und Umweltausschuss vorstellte. Er selbst macht sich für die Baumpflegearbeiten an Gewässern stark, wie die Stadtverwaltung sie vorgestellt hat. Den Stockhieb bezeichnet er als eine gängige Methode. Bäume werden auf einer Höhe von 20 bis 30 Zentimetern abgesägt und treiben anschließend neu aus. Zwei Gründe sprächen für diese Methode: der falsche Bestand und die Überalterung an Gewässern.

„Was wir da an den Gewässern machen, ist das, was landauf, landab als beste Möglichkeit gesehen wird“, sagt der Umweltschutzbeauftragte. Dass oft großflächig gefällt wird, liegt an den besonderen Bedingungen an Bach- und Flussufern: „Einzelne Bäume rauszunehmen, ist da weitaus schwieriger als irgendwo im Wald.“

Wolf Rühle erkennt aber durchaus die Schwierigkeit, die Expertenmeinung in der Öffentlichkeit zu vermitteln: „Wir sehen die Notwendigkeit der Pflegearbeiten und haben unsere Argumentation bewusst an die entsprechenden Verbände herangetragen. Das wurde aber leider so nicht gehört.“

Volle Unterstützung erfuhr Wolf Rühle von CDU-Stadtrat Stefan Gölz: „Die Baumfällarbeiten an Gewässern halte ich für sehr wichtig. Es ist gut und richtig, ältere Bäume zu fällen, damit jüngere nachwachsen können.“

Sabine Bur am Orde-Käß, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, wollte sich im Richtungsstreit nicht klar festlegen: „Bäume an Gewässern - da treffen zwei Anschauungen aufeinander. Das ist ähnlich wie bei Schulmedizin und Homöopathie.“ Ihr Urteil dürfte sowohl der Gehölzpflege als auch der Medizin gelten: „Beide Seiten haben ihre Berechtigung.“

Streit um den ökologischen Sinn

Die Spaltung in Sachen Bäume und Gewässer reicht sogar bis in die „Fraktion“ der sachkundigen Einwohner für umweltrelevante Themen. Die eine Sichtweise vertritt Robert Poremba: „Abschnittsweise Kahlschläge zu machen, ist nicht ganz optimal.“ Er versteht, dass diese Vorgehensweise ökonomisch sinnvoll sein mag. Einen ökologischen Vorteil kann er darin aber nicht erkennen.

Ganz anderer Meinung ist Hanns-Karl Schüle: „Bei der Gewässerpflege ist vielleicht nicht alles optimal gelaufen, aber die Maßnahmen der Stadt sind in dieser Form sinnvoll.“ Er verweist dabei einerseits auf die Bäume, die nach den Stockhieben am Lindachufer tatsächlich neu ausgetrieben haben, und andererseits auf ganz andere Arten, die sich danach ansiedeln konnten: „Am Schlossgymnasium muss man sich nur mal anschauen, was da vorher schon stand - und was nicht.“

Trotzdem schlägt Hanns-Karl Schüle eine Art Kompromiss vor: „Was die Öffentlichkeitsarbeit betrifft, sollte man sich Gedanken über symbolische Gesten machen.“ So seien einzelne Bäume entlang von Gewässern als Naturdenkmäler auszuweisen, die bei künftigen Fällarbeiten ausgenommen bleiben würden.

Bürgermeister Günter Riemer warb um gegenseitiges Verständnis: „Es gibt durchaus eine gute Zusammenarbeit. Aber wenn wir auf unser Handeln hin 13 Mal angezeigt werden, ohne dass diese Anzeigen in der Folge rechtlich greifen, dann stellt sich für mich schon die Frage, wie man da gegenseitig miteinander umgeht.“ Als Beispiel nannte er die Behauptung, die Stadt lasse mehr Bäume fällen, weil sie mehr Brennholz verkaufen will: „Da hat die Staatsanwaltschaft ermittelt. Geendet ist es im Nichts.“ Andreas Volz