Kirchheim

Das Kind darf zu den Eltern zurück

Zwei polnische Fernsehteams und Journalisten berichten über die Anhörung im Kirchheimer Amtsgericht

Die Moderatorin Adrianna Borowicz vom Polnischen Fernsehsender TVP Info vor dem Kirchheimer Amtsgericht. Foto: Thomas Krytzner
Die Moderatorin Adrianna Borowicz vom Polnischen Fernsehsender TVP Info vor dem Kirchheimer Amtsgericht. Foto: Thomas Krytzner

Kirchheim. Bei rund 40 000 Fällen pro Jahr, bei denen ein Gericht über den Verbleib eines Kindes bei den leiblichen Eltern entscheidet, interessieren sich die Medien selten dafür. In Kirchheim gab es gestern

solch einen Ausnahmefall: Die Entscheidung des Amtsgerichts sorgte für öffentliches Interesse aus Polen.

Zwei Fernsehteams von TVP Info und von Polsat News sowie ein Vertreter der Polnischen Presseagentur (PAP) waren in die Teckstadt gekommen, um über eine normalerweise unspektakuläre Anhörung zu berichten. Normalerweise, denn: Die polnische Familie aus Kirchheim fühlte sich durch das Jungendamt unfair behandelt und sorgte mit einem Aufruf bei Facebook für großes Interesse in Polen an diesem Fall.

„Das Jugendamt hat bei dieser jungen Familie festgestellt, dass das Wohl des Kindes nicht gesichert ist und hat der Familie das Kind weggenommen. In der erneuten Anhörung klären die Richter nun, ob das Kind weiterhin in Obhut der Pflegefamilie bleibt oder zu den leiblichen Eltern zurückkommt“, erklärt Kirchheims Amtsgerichtsdirektor Walter Sigel.

Kurz vor 14 Uhr warten vor dem Gerichtsgebäude die Journalisten aus Polen und Berlin. Moderatorin Adrianna Borowicz vom Polnischen Fernsehsender TVP Info verrät, wie die polnische Öffentlichkeit Wind von diesem Fall in Kirchheim bekommen hat: „Diese Familie lebt sei über zehn Jahren in Kirchheim, und überraschend hat das Jugendamt den Eltern das Kind sehr früh weggenommen. Die Begründung: gesundheitliche Probleme der Mutter, eine verunreinigte Wohnung und der finanzielle Stand. Da sich die Familie ungerecht behandelt fühlte, hat sie auf Facebook um Hilfe gebeten.“ Die Journalistin bedauert, dass die polnischen Zeitungen sich sehr negativ zu dem Fall geäußert haben. Da war von „Deutschen Banditen“ oder „Kriegszuständen“ die Rede.

Jacek Lepiarz von der Polnischen Presseagentur bestätigt und ergänzt: „Die Polen haben die Germanisierung bis heute nicht vergessen, und deshalb hat dieser Fall aus Kirchheim in Polen für derart Aufsehen gesorgt. Leider wird diese Familienangelegenheit in Polen gerade zum Politthema hochgepuscht.“ Tomasz Lejman von Polsat News aus Berlin beschwichtigt: „Als Deutschland-Korrespondent für Polen habe ich schon von vielen Familienangelegenheiten in Deutschland berichtet. Es gibt Fälle, bei denen Jugendämter nach meiner Ansicht willkürlich entscheiden.“

Im aktuellen Beispiel in Kirchheim vermutet Lejman, dass sich die Behörden lediglich auf Aussagen von Dritten verlassen haben. Weil es eine polnische Familie getroffen hat, blickt hier Polen besonders kritisch nach Deutschland. Nach gut zwei Stunden Anhörung der Parteien entschied das Gericht zugunsten der Eltern: Das Kind darf zurück zur Familie.