Thomas Greschner ist sauer. Ende Februar war er mit seinem Sohn auf dem Weg zur Musikschule. Die beiden hatten den Abholschein für ein Paket bei der Stadtpost dabei. Da es stark regnete, fuhr Thomas Greschner kurzerhand beim Postplatz in die Fußgängerzone. Der Plan war, während er mit dem Auto wendete, sollte der Sohn das Paket in der Post abholen. „Das dauerte fünf Minuten und dann waren wir weg“, schimpft Greschner. Einige Tage später bekam er unliebsame Post vom Ordnungsamt der Stadt Kirchheim. „Jemand hat mich wohl gesehen und bei der Stadt angezeigt“, sagt er. Im Brief war die Verwarnung mit Anhörungsbogen.
Zähneknirschend zahlte Thomas Greschner das Verwarngeld, um einen Rechtsstreit zu vermeiden. Jedoch beschwerte er sich mit einem Brief beim Kirchheimer Gemeinderat. „Ich bekam eine ausführliche Antwort, in der es hieß, das Problem sei der Stadt bekannt und man werde sich drum kümmern“, erklärt der Kirchheimer. Das Thema ist für Greschner aber längst nicht erledigt: „Da lasse ich nicht locker.“ Er überlegt sich, an einer der nächsten Gemeinderatssitzungen teilzunehmen und die Parkplatzsituation anzusprechen.
Thomas Greschner hat aber auch Lösungen und Vorschläge parat: „Die Post müsste mehrere Abholmöglichkeiten anbieten. Vor allem, wenn Pakete nicht zu Hause abgeliefert werden können.“ Er berichtet von Freunden, die schon jetzt bewusst Pakete nach Jesingen liefern lassen. Thomas Greschner bezeichnet die Situation als grotesk: „Die Post soll am jetzigen Standort bleiben. Aber dann muss sie auch zu diesem Problem Lösungen anbieten.“ Zudem bemängelt er die Beschilderung. „Wer von Ötlingen kommend Richtung Max-Eyth-Straße fährt, kann die Hinweise auf die Fußgängerzone zwar gut erkennen, wer aber von links oder rechts heranfährt, sieht die Schilder kaum“, sagt Thomas Greschner.
Pakete in Jesingen abholen
Er überlegt sich, ob er in Zukunft Pakete auch nach Jesingen liefern lassen soll. „Dadurch zieht man den Verkehr noch mehr aus der Stadt raus.“ Er vermutet, dass dies in naher Zukunft auch Konsequenzen für das Postbank-Finanzcenter am Postplatz hat. „Wenn die Kunden ausbleiben, könnte die Poststelle geschlossen werden und dann hätten die Nachbarn nicht nur ein logistisches Problem.“
Im Internet sorgt derzeit ein Facebook-Eintrag in einer Kirchheimer Gruppe für heftige Reaktionen. Bei einer Straßenumfrage zur Paketstation wird klar: Viele nutzen die Außenstellen der Post. Dazu Ines Gmeiner aus Kirchheim: „Ich bin oft bei Online-Versteigerungen dabei. Dadurch bekomme und verschicke ich viele Pakete. Seit ich nicht mehr zur Post hinfahren kann, nutze ich die Paketstation in Ötlingen.“ Auch Erich Müller war mit dem Wegfall der Postparkplätze unglücklich: „Ich habe mehrmals in der Woche schwere Pakete, die ich entweder zur Post bringe oder abhole. Es gibt in der Umgebung zwar Parkmöglichkeiten, aber warum soll ich die schweren Pakete mit mir rumschleppen?“
Kirchheim weniger attraktiv
Ganz anders sieht es Gisela Mayer. Sie wohnt in Ötlingen, arbeitet aber in Kirchheim. „Die Fußgängerzone ist eine feine Sache. Mich stören die fehlenden Parkplätze bei der Post nicht, obwohl ich die Stadtfiliale oft nutze.“ Katharina Schäufele ist seit 60 Jahren Kundin bei der Post am Postplatz. Sie ist mit einer Gehhilfe unterwegs und ärgert sich über die zusätzliche Strecke, die sie gehen muss: „Ich habe seit fast 20 Jahren Probleme mit meinen Beinen. Als die Fußgängerzone vor rund sechs Jahren eingeweiht wurde, verschwanden die Parkplätze bei der Post und damit auch meine kurzen Wege. Resigniert fügt sie hinzu: „Die Stadt Kirchheim ist für gehbehinderte Menschen mit den ganzen Fußgängerzonen leider nicht mehr so attraktiv.“