Kirchheim

„Das Leben muss bezahlbar bleiben – für alle“

Inflation Alfred Eibl, Finanz- und Steuerexperte von Attac, erklärt seine Sicht auf ökonomische Zusammenhänge.

Symbolfoto: Jörg Bächle

Kirchheim. Auf Einladung der Regionalgruppe Attac Kirchheim war Finanz- und Steuerexperte Alfred Eibl zu Gast im Mehrgenerationenhaus Linde. In seinem Vortrag „Das Leben muss bezahlbar bleiben – für alle“ stellte der langjährige Betriebsrat fest: „Das deutsche Wirtschaftsmodell der vergangenen Jahrzehnte hat unter anderem von preiswerter Energie aus Russland und billigen Vorprodukten aus China gelebt. Das ist jetzt vorbei.“ Verantwortlich dafür sei nicht nur der „politische Preisaufschlag“, den Russland für sein Gas verlange, sondern auch der Wandel im wirtschaftlichen Verhältnis zu China. Nicht nur im Sektor der E-Mobilität habe sich China von der „verlängerten Werkbank“ zum ernsthaften Konkurrenten entwickelt.

Im Nahrungsmittelbereich seien die Preissteigerungen – neben den höheren Kosten für Energie, Düngemittel und Futtermittel – auch durch Spekulation an den Börsen der Welt verursacht. Immer sichtbarer würden auch die Auswirkungen des Klimawandels. Die Preise für Getreide würden sich am Weltmarkt orientieren. Länder, die sonst viel Weizen aus der Ukraine und Russland importieren, müssten ihren Bedarf jetzt stärker auf dem Weltmarkt decken. Indien, eines der größten Anbauländer von Weizen, habe im Frühsommer den Export des Getreides gestoppt, um den eigenen Bedarf zu sichern. Das Land litt unter massiven Hitzewellen. Dadurch wurde weniger geerntet. All diese Faktoren hätten zu höheren Preisen auf dem Weltmarkt geführt. Im Energiebereich schlage jetzt die Abhängigkeit von Lieferkartellen – zum Beispiel der Opec – oder weltweit operierenden Öl- und Gas-Monopolisten durch - und auch die zu geringen Investitionen in alternative Energiequellen.

Mit der Gießkanne verteilt

An den bisherige Entlastungpaketen für Bürger und Unternehmen kritisiert der Attac-Experte, es sei zu viel Geld „mit der Gießkanne“ verteilt worden. Jetzt fehlten die „vielen Milliarden“ für die „dringend nötigen Investitionen in Erneuerbare Energien“. Am Beispiel des „Abbaus der kalten Progression“ machte Eibl das „Prinzip Gießkanne“ deutlich: Finanzminister Lindner habe versprochen, die „inflationsbedingten Mehr-Einnahmen“ nicht zu behalten. Von der „Abflachung“ des Einkommenssteuertarifs würden zwar einige Einkommenssteuerzahler profitieren, aber: Wer wenig verdiene, und gar keine Einkommensteuer zahlen müsse, gehe leer aus – immerhin 21,4 Millionen Menschen.

Bausteine für eine zukunftsorientierte Politik sind für Alfred Eibl „Preisbegrenzungen in den Sektoren, in denen keine Märkte existieren“, die „Überführung von Monopolstrukturen in Gemeineigentum – vor allem im Bereich der Daseinsvorsorge“, die „Abschöpfung von Zufallsgewinnen durch eine „Übergewinnsteuer“, „die Begrenzung von des Börsenhandels mit unverantwortlichen Finanzprodukten und Rohstoffen durch eine echte Finanztransaktionssteuer“, „keine Subventionen für einen umweltschädlichen Konsum“, „Ausbau der Anreize für Energiesparmaßnahmen und Erneuerbare Energien“, ein „direkter Ausgleich der Mehrbelastung von Menschen mit geringem Einkommen“, die „Reaktivierung der Vermögenssteuer und Erbschaftssteuer“ und ein „Wandel von der Rüstungspolitik hin zu einer friedlichen und solidarischen Gestaltung der Globalisierung“. pm