Kirchheim
Das Wollmarktviertel in Kirchheim soll seinen Charme entfalten

Städtebau Der Blick von außen deckt oft Kritikpunkte, aber auch Chancen auf. Genau das ist die Aufgabe des Entwicklungskonzepts, mit dem sich Kirchheim jetzt um Fördergelder fürs Wollmarktviertel bewirbt. Von Irene Strifler

Im Zeitraum von zehn Jahren kann viel geschehen. Das wird Kirchheim voraussichtlich im „Wollmarktviertel“ nördlich des Alleenrings erleben. Wenn das Areal ins Förderprogramm Stadterneuerung aufgenommen wird, bleiben zehn Jahre für die Umsetzung vieler Ideen, die Bürgerschaft, Verwaltung und Architekten bereits entwickelt haben.

Zunächst jedoch wird der Finger in die Wunde gelegt: Ziel des „Integrierten Entwicklungskonzeptes“, mit dem sich die Stadt um Fördergelder bewirbt, ist es, schonungslos Defizite und Mängel darzustellen, aber auch Chancen und Potenziale für die Zukunft. Das hat Stadtplaner Thomas Sippel von der Stuttgarter Bürogemeinschaft Sippel-Buff jetzt getan. Im Kirchheimer Gemeinderatsausschuss stellte er die Ergebnisse vor, in die auch Erkenntnisse aus einem Spaziergang durchs Quartier mit der Bürgerschaft und deren digital eingereichte Ideen eingeflossen sind.

Das Wollmarktviertel ist innenstadtnah und in erster Linie der Schülerschaft von Freihof und Musikschule bekannt, die dort ansässig sind. Das Quartier erstreckt sich von der Plochinger Straße bis zum Finanzamt und vom Alleenring bis zum Hechtkopf. Teilweise entsprechen die Gebäude noch historischen Grundrissen, wie der Planer unter Verweis auf das Freihofareal darlegte. Generell bestechen viele Gebäude durch historische Prägung, auch ohne unter Denkmalschutz zu stehen. Im hinteren Bereich dominiert ein Autohaus, dessen Standort sich die Planer auch andernorts vorstellen könnten.

Kurzum: Das Wollmarktviertel ist durch ein Potpourri an Nutzungen vom Lieferdienst über Schulen bis zum Großbetrieb geprägt, durchsetzt von viel Wohnraumnutzung. Als stadtnahes Wohnviertel dürfte das Areal auch künftig gefragt sein. Nicht zuletzt im Hinblick darauf soll die Aufenthaltsqualität erhöht werden. Dazu gehören auch Änderungen an der Plochinger Straße am westlichen Rand, die aus heutiger Sicht als allzu autoorientiert empfunden wird: Gehwege gibt es kaum, und auch auf dem Zebrastreifen Richtung Schule fühlt man sich nicht immer sicher.

Die Einbahnstraßenregelung an der Alleenstraße soll aufgehoben werden: Die Autos sind dann nur noch zwischen dem Alten Teckboten und der Innenstadt unterwegs, die Straße dahinter bleibt voraussichtlich autofrei.

Im Ratsrund herrschte Freude darüber, dass das Areal wohl bald aus dem Dornröschenschlaf erwacht. Sabine Lauterwasser von den Grünen betonte, das Viertel müsse gefühlt näher an die Innenstadt rücken. Sie regte an, auch über den Finanzamtparkplatz nachzudenken. Parkplätze sind rar, und die Anwohnerschaft muss schließlich ihre fahrenden Untersätze auch irgendwo abstellen.

Hans-Peter Birkenmaier von den Freien Wählern war es ein Anliegen, das international geprägte Viertel mit besonderem Charme in seinem Charakter zu erhalten, statt einfach Gebäude abzureißen. – Wohl wissend, dass die verwinkelten Häuser schwierig in der Nutzung sind. Stadtplaner Gernot Pohl beruhigte, dass die Stadt grundsätzlich ihr Vorkaufsrecht geltend machen könne. Das Viertel darf also seinen Charme entfalten.