Kirchheim

Debatte zur Unzeit

Mehr als ein Jahr lang hat man den Patienten am offenen Herzen operiert. Bypässe gelegt, ihm frisches Blut in die Adern gepumpt und regelmäßige Nachkontrollen verordnet. Inzwischen ist er wieder auf den Beinen und geht putzmunter und erfolgreich seiner Arbeit nach. So wie seit vielen Jahren, die der Kreisjugendring als verlässlicher und einziger Partner des Landkreises und seiner Kommunen die Arbeit in den Jugendhäusern mit Leben füllt. Ein „Weiter so“ kann es nicht geben. Ein Satz, der quer durch alle Fraktionen im Kreistag den Gesundungsprozess begleitet hat, seit 2014 klar wurde, dass dem KJR rund eine halbe Million Euro in der Kasse fehlt. Ein grundsätzliches „Weiter so“ soll es aber auch jetzt nicht geben, nachdem mit neuen Strukturen und verschärfter Kontrolle alles dafür getan wurde, dass sich alte Fehler nicht wiederholen.

Die Bürgermeisterfraktion im Kreistag nimmt die Zäsur zum Anlass, am „Esslinger Modell“ zu rütteln, und die CDU als langjährige Verfechterin des Erfolgsweges beginnt in dieser Frage zumindest zu wackeln. Mehr Wettbewerb, wirtschaftlich wie konzeptionell – diese Forderung mag auf den ersten Blick plausibel klingen, die angepeilte Öffnung moderat erscheinen.

Tatsächlich wird die Debatte zur Unzeit und ohne jede Not geführt. An der Qualität der Arbeit, die der KJR seit Jahrzehnten verrichtet, zweifelt niemand. Sie hält dem prüfenden Blick von Kreisräten ebenso stand, wie dem fachlichen Urteil unabhängiger Stellen. Sie sorgt für Effizienz in der Jugendarbeit, indem sie ihre Vielfalt unter einem Dach bündelt. Wichtiger noch: Sie bietet Verlässlichkeit. Auch dort, wo es sich für andere nicht rechnet. Die Versorgung in der Fläche bis in ländliche Gemeinden, einheitliche Qualitätsstandards bei Angebot und Personal. Das kann der freie Markt nicht zuverlässig bieten. Das verlangt Schutz und beiderseits Loyalität. Indem man verhindert, dass sich Einzelne die Rosinen aus dem Kuchen picken. Oder indem man künftig größere Kuchen backt. Doch das will angesichts wuchernder Sozialausgaben zurzeit niemand.

Kommentar Bernd Köble zur Diskussion ums „Esslinger Modell“