Kirchheim

Dem Tag eine Struktur geben

Feierstunde Das Tageszentrum des Reha-Vereins für psychisch kranke Menschen wird 40 Jahre alt. Die Kirchheimer Einrichtung war Vorreiter für den gesamten Landkreis und darüber hinaus. Von Ulrike Rapp-Hirrlinger

Das aktuelle Team des Tageszentrums mit Geschäftsführer Albrecht Schumacher (Zweiter von rechts). Foto: Ulrike Rapp-Hirrlinger
Das aktuelle Team des Tageszentrums mit Geschäftsführer Albrecht Schumacher (Zweiter von rechts). Foto: Ulrike Rapp-Hirrlinger

Ins Schwabenalter ist mit dem Tageszentrum in Kirchheim die älteste Einrichtung des Reha-Vereins zum Aufbau sozialer Psychiatrie im Landkreis Esslingen gekommen. Vor 40 Jahren wurde die Einrichtung aufgebaut - im gleichen Jahr, in dem der Reha-Verein mit Sitz in Denkendorf entstand. Dieses Jubiläum wurde jetzt gefeiert.

Christiane Schumann, Leiterin des Tageszentrums, und ihr Team begrüßten die Gäste. Eine Bilderschau und ein Film gaben Einblicke in die Arbeit und Geschichte des Tageszentrums, das zunächst in der Paradiesstraße in Kirchheim beheimatet war. Mit dem Umzug 2014 in die Gerberstraße steht nun wesentlich mehr Platz zur Verfügung. „Doch leider sind inzwischen auch diese Räume sehr beengt“, sagte Albrecht Schumacher, Geschäftsführer des Reha-Vereins.

In den vergangenen vier Jahrzehnten wurde das Angebot ständig erweitert, die Betreuungszahlen sind kontinuierlich gestiegen. Inzwischen gibt es zahlreiche Freizeit- und Beschäftigungsangebote, die den psychisch erkrankten Menschen die dringend nötige Tagesstruktur, aber teilweise auch einen kleinen Verdienst bieten. Unter anderem werden Montagearbeiten erledigt. Wichtig ist zudem der Mittagstisch. Jeden Tag wird frisch gekocht und gemeinsam gegessen. In Kooperation mit den Medius-Kliniken wird für die psychiatrische Klinik in Kirchheim Arbeitstherapie angeboten. Außerdem begleitet das Tageszentrum etwa 25 Personen im ambulant betreuten Wohnen. Rund 20 Besucher nutzen täglich das niederschwellige Angebot. Von zwei ist das Team auf sieben Mitarbeitende angewachsen.

„Schon früh ist im Tageszentrum Inklusion und Teilhabe praktiziert worden“, erinnerte sich der Geschäftsführer, der als Student erstmals mit der Tagesstätte in Berührung kam. Auch wenn sich vieles verändert hat, geblieben ist das Problem der Finanzierung. „Eine Verbesserung der Tagesstätten-Pauschale wäre sehr hilfreich.“ Den Landkreis habe man davon nicht überzeugen können. „Das ist bedauerlich, weil die niederschwelligen Unterstützungsangebote für viele Menschen ein effizientes Betreuungsangebot darstellen, das zu Stabilisierung einer größtmöglichen Autonomie beiträgt und damit intensivere und auch teurere Betreuungsleistungen vermeiden hilft.“

Dass der Landkreis das Tageszentrum für wichtig hält, betonte Thomas Pfeiler, Sachgebietsleiter für Eingliederungshilfe im Landratsamt. Es sei bedeutender Bestandteil zur wohnortnahen psychiatrischen Versorgung. Durch die vielfältigen Angebote würden wichtige soziale Kontakte ermöglicht. Die Möglichkeit eines Zuverdienstes gebe nicht nur Tagesstruktur, sondern sei Anreiz, die eigene Wohnung zu verlassen.

1979 nahm die Kirchheimer Tagesstätte eine Vorreiterrolle ein, seither sind im Landkreis etliche eröffnet worden. Am Anfang hat es kaum etwas von dem gegeben, was in der heutigen sozialpsychiatrischen „Landschaft“ selbstverständlich geworden ist. Eine Wende in der psychiatrischen Versorgung herbeizuführen, hat großen Mut und viel Arbeit erfordert. Der Reha-Verein war am Aufbau wichtiger Bausteine der Sozialpsychiatrie beteiligt. Schon damals lautete das Ziel: Betroffenen dabei zu helfen, sich in die Gesellschaft wieder eingliedern zu können.