Kirchheim
Der Blick auf die Teck bringt den Winterdienst ins Rollen 

Verkehr Die Grünen-Politiker Andreas Schwarz und Matthias Gastel besuchen die Kirchheimer Autobahnmeisterei und informieren sich über die Arbeit. Von Iris Häfner

Winterdienst im Mai – dieses Mal sind keine Wetterkapriolen die Ursache für die Auseinandersetzung mit dem Thema. Vielmehr spielt Corona eine Rolle. Andreas Schwarz, Fraktionsvorsitzender der Landtags-Grünen und hiesiger Abgeordneter, wollte eigentlich bei Schneetreiben mit einem Straßenwärter im Schneepflug mitfahren. Doch daraus wurde aus bekannten Grünen nichts. Deshalb gab es den „Trockenkurs“ in der Kirchheimer Autobahnstraßenmeisterei bei Sonnenschein und frühlingshaften Temperaturen. Mit dabei war auch Matthias Gastel, Abgeordneter der Grünen im Bundestag. Er ist nicht nur der Abgeordnete für den Wahlkreis Nürtingen/Filder, sondern auch Mitglied im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie bahnpolitischer Sprecher seiner Fraktion.

Start war beim beim großen Salzlager, das maximal 3500 Tonnen speichern kann. Das Salz kommt aus Bad Friedrichshall. Davor stand ein Hightech-Pflug. Neben der üblichen Schaufel vorne, kann bei diesem Modell auch seitlich eine Schaufel ausgefahren werden. „So können wir knapp zwei Spuren auf der Autobahn freiräumen“, erläutert Peter Szautner, Leiter der Kirchheimer Autobahnmeisterei. In Baden-Württemberg gibt es 15 solcher Einrichtungen. Wird mit dem Doppelpflug geräumt, gibt es auch eine doppelte Besatzung, mit dem einfachen Pflug sitzt nur einer hinterm Steuer. Das Doppelpflug-Fahrzeug ist mit einem Feuchtsalzstreuer ausgestattet. Mit einem Sprüher wird die Lauge aus Wasser und Salz, das vor Ort in der Anlage gemischt wird, auf die Straße gebracht. „Da brauchen wir weniger Salz, weil es auf der Fahrbahn haftet und nicht vom Fahrtwind der Autos weggeweht wird“, kommt Peter Szautner auf den positiven Aspekt für die Umwelt zu sprechen. 

Der milde Winter lässt sich in Zahlen ablesen: 1100 Tonnen Salz statt der durchschnittlichen 3000 Tonnen landeten im Abschnitt vom Echterdinger Ei bis nach Mühlhausen auf der A 8. Das ist der Bereich, für den die Kirchheimer zuständig sind, alles dreispurig. Dabei gibt es Besonderheiten en masse: Landesflughafen, Landesmesse, U-Bahn-Überquerung, zwei Tunnel, vier Parkplätze mit WC – und nicht zu vergessen der Albaufstieg. „Wir sind hier strategisch gut angesiedelt. Wenn die Teck weiß wird, wissen wir: Wir müssen los Richtung Aichelberg zum Winterdienst. Mittlerweile bestätigen uns das die Bodensonden“, sagt Peter Szautner. Allein um das Echterdinger Ei von Eis und Schnee zu befreien, ist ein Fahrer zweieinhalb Stunden beschäftigt. Insgesamt kommen rund 55 Strecken-Kilometer zusammen. Dann ist da noch das leidige Thema Müll. Ihn zu sammeln und zu entsorgen kostete im Jahr 2020 fast eine Million Euro.

 

Das ist ein Beruf für Praktiker und jemand, der gern im Freien und im Team schafft
Peter Szautner, Leiter der Autobahnmeisterei

 

Das hohe Verkehrsaufkommen ist ebenfalls nicht zu unterschätzen. In Stuttgart sind es 140 000 Fahrzeuge pro Tag. „Was bei uns in einer Stunde durchfährt, ist die Tagesbilanz in Teilen Norddeutschlands“, so der Leiter. Bis zum Albaufstieg halbiert sich dann die Zahl. 26 Mitarbeiter und einen Azubi zählt die Kirchheimer Autobahnmeisterei. „Das ist sehr spärlich“, so Peter Szautner. Abzuziehen sind die beiden Verwaltungsspitzen, die Reinigungskraft, die Verwaltungsmitarbeiter und die Betriebselektriker. „Da bleiben am Schluss nicht mehr viele Mitarbeiter für die Tätigkeit draußen“, rechnet Peter Szautner vor. Umso mehr wirbt er um Azubis. Straßenwärter oder -wärterin ist ein technischer Beruf. Erlernen kann ihn jeder, der einen Schulabschluss hat. „Das ist ein Beruf für Praktiker und jemand, der gern im Freien und im Team schafft“, bringt es Peter Szautner auf den Punkt. Auch Quereinsteiger sind willkommen. „Der Verdienst ist gar nicht so schlecht, denn es gibt die Wochenendzuschläge“, rührt Christine Baur-Fewson, Direktorin der Niederlassung „Die Autobahn Südwest“, die Werbetrommel. Die Überstunden, die im Winterdienst anfallen, können im Sommer abgefeiert werden. Nebenerwerbslandwirte wissen dies zu schätzen – aber auch Freibadgänger. Da Auto- und Lkw-Fahren zum Berufsbild gehören, werden beiden Ausbildungen bezahlt

„Wir sorgen für freie und sichere Fahrt. Das hat man aktuell beim Felssturz am Drackensteiner Hang gesehen“, erklärt Christine Baur-Fewson. Die abgebrochenen Felsen sind der Streckenkontrolle aufgefallen. Somit hat die Autobahnstraßenmeisterei eine hohe Entscheidungsgewalt, denn Sicherheit geht vor. „Erkennen, beobachten, handeln – ein geschultes Fachauge sieht viel“, ist Peter Szautner stolz auf seine Mitarbeiter, die auch die Veränderungen der Fahrbahn im Blick haben. 

Das Interesse zur Mitfahrgelegenheit im Schneepflug besteht bei Andreas Schwarz weiterhin. Er hofft stark auf den nächsten Winter. Von Peter Szautner wurde er dann noch an die zwei mitzubringenden und gefüllten Thermoskannen erinnert.