Kirchheim

Der Dachs labt sich an den Trauben

Weinernte Nicht die Kirschessigfliege macht den Winzern heuer das Leben schwer, sondern ganz anderes Getier: Wespe, Biene, Reh und Co. Dazu beginnt die Lese drei Wochen früher. Von Iris Häfner

Foto: Jean-Luc Jacques

In den Weinbergen geht es zurzeit hoch her - sämtliche Tierarten tummeln sich dort und fressen sich an den Trauben satt. Die Weinleser müssen sich sputen, um der gefräßigen Fauna und den Unbillen der Natur zuvorzukommen. „Die Lese beginnt dieses Jahr extrem früh. Wir sind drei Wochen eher dran als sonst“, sagt Werner Kauderer, der an der Limburg, auf mehrere Flächen verteilt, Weinberge besitzt. Die frühe Ernte hat mehrere Gründe. Durch die Frostnacht im April sind viele Blüten erfroren. „Wir haben mit 50 Prozent Ausfall gerechnet, erfreulicherweise bekommen wir 70 bis 80 Prozent der durchschnittlichen Menge. Es gibt aber große Unterschiede bei den Sorten. Insbesondere bei den späten Sorten hat sich doch einiges erholt“, erklärt Christine Anhut, Geschäftsführerin der Weingärtnergenossenschaft Hohenneuffen-Teck. Durch die Frostschäden hängen weniger Trauben am Stock, und die werden dann schneller reif. Auch die Witterung hat zum baldigen Erntebeginn beigetragen.

Die frühen Sorten sind schon gelesen. Den Anfang hat am Donnerstag vergangene Woche die blaue Traube Acolon auf dem Egelsberg gemacht, und Dornfelder ist mittlerweile auf einigen Flächen auch schon in Richtung Kelter abtransportiert. Der weiße Müller-Thurgau ist diese Woche an der Reihe. „Unsere Paradesorten für die Bertold-Weine, Silvaner und Spätburgunder, hängen noch am Stock. Sie haben am wenigsten unter dem Frost gelitten“, sagt Werner Kauderer. Auch beim Riesling sieht es in Weilheim gut aus. „Die frühen Sorten machen Probleme - aber bei uns in Weilheim ist der Wein mehr Hobby. Wir sind nicht auf den Ertrag angewiesen, haben uns aber gefreut, dass wir gegenüber dem Obst doch gute Ernteaussichten haben“, sagt Werner Kauderer.

„Die Qualität ist richtig gut, wir sind sehr zufrieden - das gibt einen Jahrgang, auf den man sich freuen kann“, ist Christine Anhut von den Öchslegraden der frühen Sorten begeistert. Bei der Weingärtnergenossenschaft Hohenneuffen-Teck sind das Regent, Portugieser, Müller-Thurgau und Dornfelder.

Im Gegensatz zu den Kollegen in Esslingen ist die Kirschessigfliege weder in Weilheim noch in der Neuffener Region ein großes Thema. „Die Fliege vermehrt sich eigentlich im Obst. Weil es dieses Jahr nicht so viel gibt, ist die Fliege zwar da, aber nicht das große Problem wie 2014“, erklärt Christine Anhut. Doch das fehlende Obst treibt anderes Getier auf Nahrungssuche um so mehr in die Weinberge. Wespen und Bienen zum Beispiel picken die Beeren an. „Die Trauben sind dann offen, und bei Regen faulen sie in der Folge zusammen. Deshalb muss die Lese jetzt so schnell wie möglich erfolgen“, beschreibt Werner Kauderer das Problem. Auch die Vögel holen sich ihren Teil Futter aus dem Weinberg, weshalb manche Wengerter Netze über ihre Reben gespannt haben. „Das ist recht aufwendig. Doch ganz dicht kann man es nie zubekommen. Nicht nur die Mäusle kommen durch“, sagt Christine Anhut. Auch Rehe schätzen die Trauben als leckere Mahlzeit. Die hungrigen Tiere kommen aus den Streuobstwiesen in die Weinberge. „In den äußeren Reihen sind nicht selten mehrere Stöcke komplett abgefressen“, musste sie beobachten.

Und dann ist da noch der Dachs, der Werner Kauderer das Leben schwer macht. Das urtümlich anmutende Tier ist ein Allesfresser und leistet in den unteren Etagen der Rebstöcke ganze Arbeit. „Das war noch nie so schlimm wie in diesem Jahr. Der Dachs frisst gleich die komplette Traube - nur das Traubengerüst hängt nach seinem Besuch am Stock“, sagt er. Sein Sohn hat nun Bewegungsmelder aufgestellt, die einen für den Dachs unangenehmen Ton erzeugen, der ihn vom Weinberg fernhalten soll. Auch die Einzäunung reicht nicht aus - die Spur des Dachses lässt sich klar verfolgen: Er drückt sich unter dem Zaun durch.

Info Am Sonntag, 17. September, ab 13 Uhr veranstaltet der Verein der Weinbergbesitzer Weilheim sein Weinfest. Es findet an der Kelter an der Weinsteige statt. Für Bewirtung ist gesorgt.

Wenn Wespen Löcher in die Beeren piksen, faulen die Trauben am Stock.


Nach dem Besuch des Dachses bleibt außer Stängel nicht mehr viel übrig.