Kirchheim

Der Dezember war zu mild für die Mode

Einzelhandel In Kirchheim scheint die Welt noch überwiegend in Ordnung zu sein. Die Kundschaft wandert noch nicht massenweise ab in Richtung Internet-Versand. Von Andreas Volz

Weihnachtszeit in Kirchheim: Der Handel kann dem Online-Geschäft bislang trotzen. Die Kunden schätzen nach wie vor die persönlic
Weihnachtszeit in Kirchheim: Der Handel kann dem Online-Geschäft bislang trotzen. Die Kunden schätzen nach wie vor die persönliche Beratung.Archiv-Foto: Jean-Luc Jacques

Schon vor beinahe 50 Jahren sang Georg Kreisler: „Weihnachten ist eine schöne Zeit.“ Er macht sich dabei natürlich ausgiebig über den Konsum lustig. Trotzdem gilt aber gerade beim Konsum völlig ernsthaft die Aussage, dass Weihnachten eine schöne Zeit ist. Ohne den Weihnachtsumsatz könnten viele Läden gar nicht mehr existieren. Allerdings stellt sich die Frage, wie verlässlich dieser Mechanismus funktioniert, denn der Online-Handel gräbt den Läden auch beim Weihnachtsgeschäft immer größere Umsatzanteile ab.

Zwei Stimmen aus Kirchheim zeigen, dass hier die Welt noch in Ordnung zu sein scheint. „Das Weihnachtsgeschäft war okay“, sagt der Vorsitzende der Kirchheimer Händlergemeinschaft City Ring, Karl-Michael Bantlin. Zwar meint er auch, dass es hätte besser sein können, aber er hat eine erstaunliche Erklärung dafür: „Das Wetter war zu mild.“ Nun könnte man meinen, dass mildes Wetter eher zum Bummeln und Einkaufen einlädt. Aber je nach Branche hat es unterschiedliche Auswirkungen. Außerdem haben sich die Zeiten geändert.

„Vor zehn bis 15 Jahren hat man sich einfach neu eingedeckt“, blickt Karl-Michael Bantlin auf die Entwicklung in der Modebranche zurück. Heute sehe das ganz anders aus. Die Leute würden sich in ihrem Kaufverhalten immer stärker am aktuellen Bedarf orientieren: „Pullover und Jacken haben wir im Dezember nicht so verkauft, es war nicht kalt genug.“ Im Herbst war es genau umgekehrt: „Da war es deutlich kühler als sonst, und deswegen lief das Geschäft auch besser als im Vorjahr.“

Insgesamt gleicht sich manches wieder aus

Insgesamt gleicht sich also manches wieder aus, langfristig gesehen. Aber auch beim Weihnachtsgeschäft sieht Karl-Michael Bantlin kalendarische Besonderheiten: „Dieses Mal hatten wir nach Weihnachten einen Tag weniger zur Verfügung. Wenn wir diesen Tag wegrechnen, liegen wir beim Umsatz auf Vorjahresniveau.“

Das gilt auch in einer anderen Branche, die sehr stark vom Weihnachtsgeschäft abhängig ist: in der Buchbranche. Stellvertretend für die Kirchheimer Buchläden sei hier Sibylle Mockler von der Buchhandlung Zimmermann genannt. Mit dem Umsatz zeigt sie sich durchaus zufrieden. Dafür hat sie aber eine andere Beobachtung gemacht: „Gefühlt dachte ich zunächst, dass es Grund zum Pessimismus gibt. Die Frequenz war nämlich nicht so hoch.“ Tatsächlich habe die Auswertung gezeigt, dass weniger Kunden im Laden waren. Zum Glück habe sich das aber nicht auf den Umsatz ausgewirkt: „Die, die da waren, haben mehr gekauft.“ So kann Sibylle Mockler folgendes Fazit des Weihnachtsgeschäfts ziehen: „Wir sind zufrieden.“ Bücher seien eben immer noch ein attraktives Geschenk. Einen großen Anteil am Erfolg hätten aber auch die Mitarbeiter im Geschäft, die direkt im Gespräch beraten und empfehlen.

Trotzdem sagt Sibylle Mockler: „Wir können nicht wegdiskutieren, dass man Bücher - wie jede andere Ware auch - längst auf allen Kanälen kriegt.“ Bei den Büchern gelte das sogar schon länger: „In unserer Branche haben wir es als erste mit den Online-Händlern zu tun bekommen.“ Deshalb bietet die Buchhandlung Zimmermann auch selbst die Möglichkeit an, Bücher online zu bestellen und nach Hause geliefert zu bekommen.

"Buchläden werden jeden Tag beliefert"

Zwei große Vorteile der Buchbranche gegenüber anderen Händlern kann Sibylle Mockler aber doch erkennen. Der eine ist die Logistik: „Buchläden werden jeden Tag beliefert und können für ihre Kunden von einem Tag auf den andern was besorgen.“ Der andere Vorteil ist die Buchpreisbindung, die den Läden die großen Rabattschlachten erspart. Auch eine große Kette kann von dem festgelegten Preis nicht abweichen. „Ich hoffe, dass uns die Preisbindung noch lange erhalten bleibt“, sagt Sibylle Mockler: „Wenn sich das einmal ändern sollte, dann würde das die gesamte Buchhandelslandschaft radikal umwälzen.“

Zurück zur Online-Konkurrenz, mit der alle Händler zu kämpfen haben - unabhängig von ihrer Branche. Sibylle Mocklers Schlusswort spricht deswegen sicher allen Kirchheimer Händlern aus dem Herzen: „Wir sind zufrieden mit dem aktuellen Weihnachtsgeschäft. Und wir sind froh über jeden Kunden, der zu uns in den Laden kommt.“

Warum der Buchhandel so stark von der zweiten Jahreshälfte abhängig ist

In der Modebranche liegt die Abhängigkeit von der Saison auf der Hand: Die unterschiedlichen Jahreszeiten in der gemäßigten Klimazone sind mit ihren Temperaturschwankungen in dieser Hinsicht ganz ideal.

Aber auch im Buchhandel gibt es große saisonale Unterschiede, die man so nicht erwarten würde. „Wir machen den Hauptumsatz in der zweiten Jahreshälfte“, sagt Sibylle Mockler, die Kirchheimer Filialleiterin der Buchhandlung Zimmermann.

Weihnachten hat daran sicherlich einen herausragenden Anteil. Bücher sind nach wie vor beliebte Weihnachtsgeschenke - durchaus auch die höherwertigen, die man sich selbst vielleicht nicht unbedingt kaufen würde.

Das Verpacken ist wohl das deutlichste Indiz. Sibylle Mockler: „Im Dezember wird fast alles, was die Kunden kaufen, als Geschenk eingepackt.“ 70 bis 80 Prozent der Einkäufe werden als verpacktes Geschenk aus dem Buchladen getragen.

Kalender sind ein weiterer Grund für den höheren Umsatz von Buchläden in der zweiten Jahreshälfte. Anfang Januar lässt der Bedarf spürbar nach. Aber bereits im Juli finden sich die ersten Kalender für das neue Jahr im Sortiment. Nicht jeder kauft demnach „kurz vor Torschluss“.

Tourismus sorgt ebenfalls für Umsatz, wie Sibylle Mockler verrät. Das gilt vor allem für die Reiseführer: „Wenn die Leute in den Urlaub fahren, dann merken wir das auch.“vol