Kirchheim

„Der Druck im Kessel ist noch nicht groß genug“

Interview Kreisbau-Vorstandssprecher Bernd Weiler sieht beim sozialen Wohnungsbau viel Verunsicherung.

„Der Druck im Kessel ist noch nicht groß genug“
„Der Druck im Kessel ist noch nicht groß genug“

Kirchheim. Kommunale Träger und Baugenossenschaften im Kreis bieten sich den Städten und Gemeinden als Partner beim Bau bezahlbarer Wohnungen an. Bernd Weiler, Vorstandssprecher der Kreisbaugenossenschaft Kirchheim-Plochingen, stößt in den Rathäusern bisher vor allem auf Zurückhaltung.

Herr Weiler, die Wohnungsbaugesellschaften haben den Kommunen ein Konzept an die Hand gegeben. Wie ist die Resonanz?

Bernd Weiler: Bisher ist aus den Rathäusern wenig zurückgekommen. Wir wissen natürlich, dass das Konzept nicht für jeden infrage kommt. Es dürfte in erster Linie für die Gemeinden interessant sein, die vor Ort keine eigenen Partner fürs Bauen haben. Ich glaube, viele Gemeinden wissen schlicht noch nicht so recht, wie mit dem Thema umgehen.

Wie meinen Sie das?

Weiler: Den meisten Gemeinden fehlen momentan baufertige Grundstücke. Sie sind genehmigungsrechtlich einen Schritt hinterher oder haben schlicht keine. Wir bieten ein Einheitsgebäude als Komplettangebot zu einem Festpreis. Das Grundstück muss aber die Gemeinde liefern. Da ist noch viel Verunsicherung im Spiel. Das zeigt das Beispiel Frickenhausen, wo die Gemeinde einer Baugenossenschaft ein Grundstück direkt überlassen hat. Von Seiten privater Bauträger wird dagegen nun geklagt. Einen ähnlichen Fall gibt es in Ludwigsburg. Ich vermute, mancher Bürgermeister ist dadurch hellhörig geworden.

Trotzdem hat man den Eindruck, viele Gemeinden gehen noch relativ sorglos mit dem Thema um. Trotz eindeutiger Prognosen für künftigen Wohnraumbedarf.

Weiler: Es scheint tatsächlich so zu sein, dass der Druck im Kessel noch nicht groß genug ist. Über den privaten Wohnungsmarkt, wo sich in der Anschlussunterbringung für Flüchtlinge noch immer ordentliche Renditen erzielen lassen, lässt sich noch vieles regeln. Damit, so scheint es, kommen zahlreiche Gemeinden im Moment noch zurecht.

Was ist aus Ihrer Sicht der Vorteil des jetzigen Konzepts?

Weiler: Wir liefern sogenannte Hybridbauten mit einem Standard-Grundriss, den man vergrößern oder verkleinern kann, je nach Bedarf. Wenn man so will, ein Haus von der Stange, für das man durch Wiederholungseffekte einen verlässlichen Festpreis anbieten kann. Das ginge im Individualbau nicht. Vereinfacht gesagt: quadratisch, praktisch gut. Es geht auch um Nachhaltigkeit. Das sind Häuser, die nicht nur für einen Zeitraum von 20 Jahren ausgelegt sind.

Das Konzept soll vor allem kleinere Kommunen ansprechen. Erklären Sie, weshalb.

Weiler: Die größeren Städte haben ihre eigenen Fachleute in Ämtern und Eigenbetrieben, wo sie Wohnbauprojekte selbst entwickeln können. Dadurch können sie zu vernünftigen Preisen selbst am Markt aktiv sein.

Es wird immer wieder betont, dass es beim Bedarf für günstigen Wohnraum nicht nur um Flüchtlinge geht. Wie beurteilen Sie den Markt?

Weiler: Das Flüchtlingsthema verschärft die Situation nur zusätzlich. Die Nachfrage steigt auch in der hiesigen Bevölkerung drastisch. Wir hatten im vergangenen Jahr noch etwa 600 Nachfragen, jetzt sind es schon 800 bis 900, und das Jahr ist noch nicht zu Ende. Das sind alles Anfragen, bei denen es um Mieten zwischen fünf und sechs Euro pro Quadratmeter geht. In den nächsten fünf bis zehn Jahren wird sich die Situation in den Ballungsgebieten vermutlich noch deutlich verschärfen. Man hat beim Wohnungsbau vor allem in den Städten zu lange der Annahme vertraut, dass die Bevölkerung schrumpft. Jetzt zieht es immer mehr Ältere in den Ballungsraum auf der Suche nach Vollversorgung, und auch für die Jüngeren ist es längst chic geworden, in der Stadt zu wohnen. Bernd Köble