Kirchheim

„Der Maschinenbau ist extrem gebeutelt“

Coronakrise Timo Schäfer, Geschäftsführer des Kirchheimer Familienunternehmens HSK, berichtet über die Wirtschaftslage: Mit der Pandemie waren Aufträge zeitweise komplett weggebrochen. Von Andreas Volz

Geschäftsführer Timo Schäfer erklärt die Funktionsweise einer Maschine aus dem Hause HSK, die kurz vor der Auslieferung steht. F
Geschäftsführer Timo Schäfer erklärt die Funktionsweise einer Maschine aus dem Hause HSK, die kurz vor der Auslieferung steht. Foto: Markus Brändli

Corona bedroht Existenzen. Das betrifft nicht nur Leib und Leben einzelner Menschen, sondern auch deren wirtschaftliche Existenz. Selbst ganze Betriebe geraten in Turbulenzen. Das ist verständlich, wenn monatelang kein einziger Auftrag mehr eingeht. „Der Maschinenbau ist jetzt gerade extrem gebeutelt. Aber davon hört man in der Öffentlichkeit nicht so viel“, sagt Dr. Timo Schäfer, Geschäftsführer des Kirchheimer Unternehmens HSK, Maschinenfabrik für Anlagen- und Tafelscheren.

Die Coronakrise ist noch lange nicht beendet - und erst recht nicht die Wirtschaftskrise, die damit einhergeht. Viele Unternehmen, die langsam hineingerutscht sind, dürften auch nur ganz langsam wieder herauskommen. Entscheidend ist dabei auch die Frage, wann der Aufschwung wieder einsetzt: „Welcher Maschinenbauer überlebt drei Jahre lang 80 Prozent Umsatzrückgang?“

Die Frage, die Timo Schäfer aufwirft, lässt sich zwar auf jede andere Branche übertragen. Aber der promovierte Ingenieur verweist in diesem Zusammenhang auf die Hersteller von Medizintechnik oder von Plexiglas, die von Corona sogar profitieren konnten, weil ihre Produkte plötzlich stärker gefragt waren als jemals zuvor.

Sein eigenes Unternehmen sieht er nach wie vor gut gerüstet: „Wir hatten Ende des Jahres noch viele Aufträge. Und zum Glück gab es keine Stornierungen.“ Um möglichen Stornierungen vorzubeugen, hat sich Timo Schäfer bemüht, alle Aufträge möglichst pünktlich abzuarbeiten - wenn nicht gar überpünktlich.

Das hat zu paradoxen Situationen geführt: Auf längere Sicht betrachtet, war es unumgänglich, das Personal leicht zu reduzieren - um das Firmenschiff sicher durch die unruhigen Fahrwasser der Coronazeit steuern zu können. Weil aber die vorhandenen Aufträge möglichst schnell abzuarbeiten waren, „hat jeder, der bei uns gegangen ist, bis zum Schluss richtig schaffen müssen“. Teilweise waren sogar Überstunden notwendig, weil sich die vorhandene Arbeit wegen der Liefertermine eben nicht zeitlich strecken ließ.

Personal zu entlassen oder auch auslaufende Verträge nicht zu verlängern, sei eine schwierige Situation: „Man will ja auch nicht überreagieren. Aber für den Umsatz, der jetzt noch reinkommt, wären wir einfach zu groß gewesen. Jetzt sind wir auf das Minimalmaß geschrumpft, sodass der Arbeitsprozess nicht gestört ist. Wir können noch alles abdecken.“ Timo Schäfer versucht, das verbleibende Personal durch die Krise zu bringen - auch mittels Kurzarbeit. Damit hatte er im April bereits begonnen. Aber in den Folgemonaten hat er die Kurzarbeit gleich wieder ausgesetzt. So besteht immerhin die Möglichkeit, sie bei Bedarf bis Juli 2021 anzubieten. „Was die Politik nächstes Jahr macht, ob sie die Kurzarbeit verlängert, wissen wir ja noch gar nicht.“

Erstes Licht am Horizont

Er selbst hofft auf Erholung und sieht durchaus schon ein wenig Licht am Horizont: „Jetzt kommen wieder kleinere Aufträge rein.“ Trotzdem will er weiter auf Sicht fahren und auch für sich selbst keine falschen Erwartungen aufbauen: „Ich habe mich darauf eingestellt, dass die nächsten zwölf Monate schwierig werden. Das bittere Ende kommt erst im zweiten Halbjahr. Oder nächstes Jahr.“

Vorboten schwieriger Zeiten hat er jetzt schon zur Genüge erlebt: Nach guter Auftragslage noch ­zum Jahreswechsel begann im Januar die Flaute. „Bis Mai / Juni war fast alles tot. Und noch bis Mitte Juli gab es so gut wie keinen Auftragseingang.“ Er selbst konnte sich auf ein gutes Polster verlassen, in vielerlei Hinsicht: „Wir sind froh, dass wir in den letzten Jahren gut gewirtschaftet haben, wir hatten einen großen Puffer.“ Auch seine Auftragslage war am Anfang des Pandemie-Jahres ja noch gut. „Aber was machen Firmen, die schon vor Corona Auftragsrückgänge hatten?“

Corona hat selbst bei bestehenden Aufträgen Schwierigkeiten für den Maschinenbau gebracht: Monteure waren in vielen Firmen plötzlich unerwünscht. „Anfangs haben sich viele Unternehmen auch abgekapselt. Da kriegte man den Techniker einfach nicht ans Telefon.“ Grundsätzlich aber war der Stillstand in den Werken fatal für den Maschinenbau: „Wenn nichts mehr geht, braucht keiner eine neue Maschine. Wer keinen Umsatz macht, kann sich auch keine neue Maschine leisten.“

An dieser Stelle rät Timo Schäfer zum antizyklischen Denken. Für seine Branche zumindest wäre das optimal: „Im Idealfall würden die Firmen natürlich die Zwangspause nützen, um ihren Maschinenpark zu erneuern - für die Zeit danach, in der es wieder losgeht.“ Losgehen müsste es dann allerdings weltweit wieder, denn die Stärke der deutschen Wirtschaft kann sich auch als Schwäche für den Maschinenbau erweisen: „Wir sind extrem exportlastig.“

Geschichte und Produkte der Huttenlocher & Schäfer GmbH Kirchheim

HSK, die Huttenlocher & Schäfer GmbH, gehört zu den ältesten Unternehmen in Kirchheim. Gegründet 1915 als mechanische Werkstatt, zog sie bereits fünf Jahre später von der Gaisgasse in die Gerberstraße: in die Bruckmühle.

1950 spezialisierte sich das Unternehmen auf mechanische Tafelscheren, die bereits seit 1936 zur Produktpalette gehörten.

1990 erfolgte der Umzug in den Neubau in der Hans-Böckler-Straße, im Gewerbegebiet Bohnau.

Seit 2010 ist Timo Schäfer alleiniger Geschäftsführer des Familienunternehmens mit rund 20 Mitarbeitern. Er gehört bereits der vierten Generation an.

Tafelscheren aus dem Hause HSK verwenden nahezu sämtliche namhafte Automobilhersteller und -zulieferer, um Bleche zu zerteilen. Die Scheren kommen aber auch zum Einsatz bei der Herstellung von Waschmaschinen, Schaltschränken, Transformatoren, Kauleisten in der Zahnmedizintechnik, Maschinenschildern und vielen weiteren Endprodukten. Nahezu jedes Marken-Emblem auf Autos wird mit HSK-Scheren zurechtgeschnitten.

Außer für Bleche lassen sich HSK-Maschinen für viele weitere Materialien einsetzen - etwa für Kork, Linoleum oder Dämmmaterial. Jede Maschine ist anders. Als Stärke bezeichnet Timo Schäfer die Fertigungs­tiefe: „Wir lagern nichts aus. Bei uns kommt alles aus einer Hand.“ Ein Vorteil in der Krise: „Alle Maschinen sind abgeschrieben. Somit haben wir auch keine Leasing-Kosten.“ vol