Kirchheim

Der Meister der Tarnung

Gesundheit Eine scheinbar vergessene klassische Kinderkrankheit, der Keuchhusten, tritt auch im Kreis Esslingen wieder vermehrt auf. Wie er sich zu erkennen gibt und wie man vorbeugen kann. Von Cornelia Wahl

Gegen Keuchhusten kann impfen helfen - meist in Form einer Kombinationsimpfung, die vor Diphterie, Wundstarrkrampf und Kinderläh
Gegen Keuchhusten kann impfen helfen - meist in Form einer Kombinationsimpfung, die vor Diphterie, Wundstarrkrampf und Kinderlähmung schützt. Foto: Jean-Luc Jacques

Keuchhusten ist ein Meister der Tarnung. Die Infektionskrankheit kommt zunächst mit Schnupfen, Husten und einem Schwächegefühl und nur selten mit Fieber daher. Dann aber, nach etwa ein bis zwei Wochen, zeigt das Bakterium Bordetella pertussis sein wahres Gesicht: Für vier bis sechs Wochen setzt ein langandauernder, trockener Husten ein. Die quälenden Hustenattacken treten häufig nachts auf. Ist die zweite Phase überstanden, setzt eine sechs bis zehnwöchige Erholungsphase ein, in der die Hustenanfälle allmählich abklingen. Dennoch können Betroffene noch monatelang an Reizhusten leiden. Sind Säuglinge an Keuchhusten erkrankt, kann die Infektion zu lebensbedrohlichen Atemstillständen führen.

Wie in ganz Deutschland ist der Keuchhusten auch im Kreis Esslingen auf dem Vormarsch. Seit die Infektionskrankheit Ende März 2013 in Baden-Württemberg meldepflichtig wurde, stieg die Zahl der Erkrankungen im Kreis von 59 im Jahr 2013 auf 121 im Jahr 2016. Bis Ende Februar wurden dem Gesundheitsamt in Esslingen bereits 31 Fälle gemeldet.

Für die Kleinsten am schlimmsten

Dabei, so die Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI), beruht die Zunahme der Meldezahlen nicht nur auf einem tatsächlichen Anstieg der Erkrankungszahlen, sondern auch auf einer zunehmend besseren Erfassung. Eine weitere Ursache für die Ausbreitung der Krankheit könnten Impflücken sein, die wegen unvollständiger Impfungen oder nicht erfolgter Auffrischungsimpfungen bei Jugendlichen und Erwachsenen zustande kommen.

Zwar gilt Pertussis, wie der Keuchhusten auch genannt wird, als klassische Kinderkrankheit, doch kann die Infektionskrankheit in jedem Lebensalter auftreten. Auch wer schon einmal Keuchhusten hatte oder geimpft wurde, ist vor einer erneuten Ansteckung nicht gewappnet. Denn Erkrankung oder Impfung hinterlassen keine lebenslange Immunität.

Liegt eine Erkrankung oder Impfung länger zurück, sollte eine Auffrischungsimpfung erfolgen. Wer einen Kinderwunsch hegt, sollte sich möglichst vor Schwangerschaftsbeginn impfen lassen, denn „nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert Koch Institut (STIKO) ist in Deutschland eine routinemäßige Impfung während der Schwangerschaft zurzeit nicht vorgesehen“, so Dr. Angela Corea vom Gesundheitsamt in Esslingen.

Wie hoch die Durchimpfungsrate der Gesamtbevölkerung im Kreis Esslingen ist, ist nicht bekannt, „da durchgeführte Impfungen nicht meldepflichtig sind“, erklärt Corea. Ergebnisse der Einschulungsuntersuchung für Schulanfänger 2016 im Landkreis zeigen jedenfalls, dass 93,2 Prozent der Schulanfänger gegen Keuchhusten eine vollständige Grundimmunisierung haben.

Kommt es bei Pertussis zu Komplikationen, trifft es die Kleinsten oft am schlimmsten: Neugeborene sind bereits ab dem ersten Lebenstag ansteckungsgefährdet. Sie haben das höchste Risiko für schwerwiegende Probleme. „Ein hoher Anteil aller Behandlungen und fast alle Todesfälle an Keuchhusten betreffen nicht geimpfte Säuglinge unter sechs Monaten“, sagt die Ärztin.

Im Erwachsenenalter werde der Keuchhusten oft erst spät erkannt, da er sich häufig nur in lange anhaltendem Husten äußert. Oft werden dann zunächst andere Ursachen in Betracht gezogen. Dann allerdings kann eine Ansteckung schon passiert sein.

3 Tipps bei Keuchhusten

1Wer an Keuchhusten erkrankt ist, sollte beim Husten Abstand halten und Einmaltaschentücher verwenden. Nach der Verwendung des Taschentuchs oder dem Husten mit vorgehaltener Hand die Hände waschen. Wer kein Taschentuch zur Hand hat, sollte in den Ärmel husten.

2Wegen der Würgeanfälle beim Husten ist es besser, kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt zu sich zu nehmen. Um den trockenen Husten zu lindern, sollte viel getrunken werden.

3 Kinder sollten bei Hustenanfällen aufrecht und mit leicht vorgebeugtem Kopf sitzen. cw