Kirchheim
„Der Ton ist rauer geworden“

Sicherheit In den Verwaltungen im Landkreis werden Beschäftigte mit respektlosem Verhalten und aggressivem Auftreten konfrontiert. Auch Kirchheim setzt Security-Personal ein. Von Corinna Meinke und Heike Siegemund

Die Mitarbeitenden in Rathäusern und Verwaltungen sind verbalen Attacken und Handgreiflichkeiten ausgesetzt. Auch wenn es sich um Einzelfälle handelt, so ist der Umgang mit Verwaltungskräften insgesamt schlechter und respektloser geworden. Das ergibt eine Umfrage unter den Ordnungsamtsleitungen der Großen Kreisstädte im Regierungsbezirk Stuttgart zur Bedrohungslage. Im Kreis Esslingen haben mehrere Kommunen Vorkehrungen getroffen, um ihre Belegschaft zu schützen. Sicherheitsleute kommen dabei genauso zum Einsatz wie spezielle Alarmierungssysteme.

 

Hausverbote hat es schon gegeben. Dabei handelt es sich aber um Einzelfälle.
Vanessa Palesch
Sprecherin der Stadt Kirchheim

 

So setzt auch die Stadt Kirchheim neben einem telefonischen Alarmierungssystem und in manchen Bereichen Alarmierungsknöpfen auf Security-Personal – und zwar bereits seit Sommer 2020. Damals, im ersten Corona-Jahr, war dies vor allem notwendig geworden, um die Corona-Vorgaben und die Besucherströme zu überwachen, wie Vanessa Palesch, Sprecherin der Stadt Kirchheim, informiert. Doch das Security-Personal sei auch bei der Unterbindung von aggressivem Auftreten gegenüber den Mitarbeitenden von großer Bedeutung. Deshalb sei aktuell auch kein Ende des Security-Einsatzes geplant.

Ein Sicherheitsmitarbeiter sei an den langen Tagen montags und donnerstags im Kirchheimer Rathaus anzutreffen. An diesen Tagen habe die Verwaltung länger geöffnet, weshalb dann die meisten Bürgerinnen und Bürger kommen und der Einsatz der Sicherheitsleute am meis­ten Sinn macht, ergänzt die Sprecherin. Das Security-Personal sei direkt im Eingangsbereich positioniert. „So besteht auch die Möglichkeit, Bürgerinnen und Bürgern weiterzuhelfen, die beispielsweise noch nicht mit dem Terminterminal vertraut sind.“ Außerdem könne auf diese Weise „ein ungehindertes Durchgehen zu den Mitarbeitenden“ verhindert werden.

Anstrengende Diskussionen

Die Diskussionen, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung mit den Kunden führen müssen, seien oft kräftezehrend, ergänzt Palesch. Insgesamt könne man vermehrt feststellen, dass der Ton gegenüber den Mitarbeitenden rauer geworden sei. Auffallend oft seien die Bereiche mit viel Publikumsverkehr betroffen: also die Bereiche Ausländerwesen, Bürgerservice, Ordnung und Verkehr sowie Sicherheit und Gewerbe, aber auch die Abteilung Soziales. Hausverbote hat es im Kirchheimer Rathaus bereits gegeben. Dabei handle es sich aber um Einzelfälle. Auch die Polizei musste bei Randalierenden und „um unwillige Personen aus dem Gebäude zu entfernen“, schon hinzugezogen werden, sagt Palesch.

Warum die Mitarbeitenden vermehrt beleidigt und verbal angegangen werden, habe sicherlich unterschiedliche und vielseitige Gründe. „In den genannten Bereichen kann es zu Situationen kommen, die für die Kundinnen und Kunden nicht immer ein schnelles Ergebnis haben, was durchaus zu Konflikten führen kann“, erklärt die Sprecherin.

Auch in Nürtingen setzt man neuerdings auf eine Sicherheitsfirma, die die Mitarbeitenden sowie die Besucherinnen und Besucher im Rathaus gleichermaßen schützen soll. Notwendig wurde das zum ersten Mal im vergangenen Sommer. Innerhalb weniger Wochen mussten vier Hausverbote ausgesprochen werden, weil sich Rathausbesucher aggressiv gegenüber den Mitarbeitenden im Bürger- und im Ausländeramt verhalten hatten. Unangemessene Reaktionen seien schon seit jeher verbreitet, aber seit einigen Monaten stellt die Nürtinger Verwaltung eine steigende Zahl fest. Darüber hinaus wird überlegt, ob ein Selbstverteidigungskurs für die Mitarbeitenden im Rahmen der Betriebssportgruppe angeboten werden kann. In der Esslinger Verwaltung – auch dort ist aggressives Auftreten mancher Kundinnen und Kunden ein Problem – gibt es das Angebot bereits. Dazu kooperiert die Kommune mit dem Esslinger Kraftsportverein.

Auch innerbetriebliches Deeskalationstraining gehört zum Fortbildungsangebot der Esslinger Verwaltung. Für die Kollegen in Kirchheim wurden 2023 die Fortbildungen „Konfliktmanagement am Arbeitsplatz“ und „situationsangemessene Selbstverteidigung am Arbeitsplatz“ angeboten. Gerade beim Konfliktmanagement gehe es darum, zu verhindern, dass Situationen eskalieren, erklärt Vanessa Palesch – was allerdings häufig zu anstrengenden Diskussionen führe.