Kirchheim
„Die aktuelle Marktlage ist das Normale“

Interview Markus Deutscher, Immobilienexperte der Kreissparkasse, über sinkende Preise am Immobilienmarkt.

In Kirchheim sind Neubau-Immobilien in bester Lage plötzlich wieder zu haben, obwohl schon gebaut wird . . .

Markus Deutscher: Vor einigen Jahren war das normal. Während der Bauphase wurde meistens weniger verkauft und dann erst bei Fertigstellung wieder. Das hat sich im Grunde genommen erst in den letzten Jahren so erhitzt. Die aktuelle Marktlage ist eigentlich das Normale. Deshalb sind die Marktteilnehmer auch gar nicht so nervös und warten auf das Frühjahr.

Das heißt, das ist eigentlich eine gesunde Entwicklung?

Deutscher: Grundsätzlich sehe ich das so, ja. Die letzten Jahre wurden Immobilien – auch gebrauchte – in einer hohen Geschwindigkeit abverkauft und Menschen haben gekauft, die kein oder kaum Eigenkapital hatten. Aufgrund der niedrigen Zinsen konnten Mieter ihre Miete und ein wenig mehr in die Finanzierung einer eigenen Immobilie tauschen. Das hat die hohe Nachfrage erst provoziert. Aufgrund dessen sind die Preise stärker gestiegen. Es war auch ungesund, dass Kaufinteressenten immer höhere Preise für Bestandsimmobilien geboten haben, um den Zuschlag zu erhalten.

Die Verkäufer von Bestandsimmobilien murren gerade, oder?

Was heißt, murren. Teilweise passt die Preisvorstellung halt nicht. Aber Sie müssen ja auch nicht verkaufen.

Also besser halten?

Das kann man nicht pauschal beantworten. Es gibt Verkäufer, die Sorge haben, dass es noch schlechter wird, und die deshalb ein Angebot annehmen, auch wenn sie damit nicht hundertprozentig zufrieden sind. Andere warten ab. Wenn Sie heute verkaufen, bekommen Sie allerdings immer noch einen guten Preis. Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) sieht in den Metropolregionen ein Preisabschlagspotenzial von bis zu zehn Prozent. Ich empfinde das nicht als dramatisch, und wir wissen aktuell auch nicht, wie lange die Kaufzurückhaltung anhalten wird.

Wohin geht der Trend?

Wir sehen Preisabschläge bei Objekten, wo der Renovierungsaufwand groß und die Lage nicht so toll ist. Es kann sein, dass bei dem einen oder anderen Objekt Preisabschläge verhandelt werden. Aber bei einer Inflation von zehn Prozent, steigenden Tarifabschlüssen und Zinsen, die schon wieder sinken, wissen wir nicht, ob das, was wir auf dem Immobilienmarkt sehen, ein Trend ist oder eine Momentaufnahme. Bei Corona war das auch so. 2020, nach den Faschingsferien, war die Nachfrage nach Immobilien bis Juni plötzlich komplett weg. So was von ruhig, das war noch schlimmer als jetzt. Wir haben schon damals gesagt: Wartet mal ab. Natürlich waren die Zinsen niedriger. Aber ab Juli war die Nachfrage plötzlich wieder da. Ich weiß einfach noch nicht so recht, wohin der Trend geht. Die Unsicherheit ist da. Es kann natürlich auch zu einer tiefgreifenden Rezession mit hoher Arbeitslosigkeit kommen. Dann ist die Lage eine andere.  Antje Dörr