Kirchheim

Die Arztpraxis soll attraktiver werden

Gesundheit Der Kirchheimer Kinderarzt Ulrich Kuhn hat mit zwei Kollegen Paedoc gegründet. Die Firma nimmt Ärzten lästige Verwaltungsaufgaben ab oder stellt sie an, damit sie mehr Zeit für Patienten haben. Von Thomas Zapp

Kinderarzt Ulrich Kuhn erklärt in seiner Kirchheimer Praxis das Paedoc-Konzept. Foto: Carsten Riedl
Kinderarzt Ulrich Kuhn erklärt in seiner Kirchheimer Praxis das Paedoc-Konzept. Foto: Carsten Riedl

Eine Praxis zu übernehmen bedeutet für Ärzte viel Arbeit und Stress - auch außerhalb der medizinischen Behandlung. Vor allem der bürokratische Aufwand und neue Vorschriften, etwa bei Hygiene und Datenschutz, schrecken gerade jüngere Ärzte vor einer eigenen Praxis ab. „Sie wollen flexibler sein und bevorzugen eine Anstellung, anstatt sich auf 30 Jahre festzulegen“, weiß der Kirchheimer Kinderarzt Ulrich Kuhn. Er habe die Situation als Auftrag verstanden, nach einer Lösung zu suchen. Die scheint er mit „Paedoc“ nun gefunden zu haben.

Gemeinsam mit den Kollegen Ralph Gaukler aus Esslingen und Thomas Kauth aus Ludwigsburg hat er eine Art Verwaltungsdienstleister für Kinder- und Jugendarztpraxen gegründet. Das sechsköpfige Paedoc-Team übernimmt von einem Büro in Lenningen aus für derzeit 20 Praxen einzelne Dienstleistungen wie Buchhaltung oder kassenärztliche Abrechnung. Seit dem 1. Dezember hat Paedoc sogar komplett die Verwaltung eine Arztpraxis in Fellbach übernommen. Die neue Ärztin wird vorläufig mit dem langjährigen Vorgänger zusammenarbeiten und dann die Praxis übernehmen. Allerdings nicht als selbstständige Ärztin, sondern als Angestellte. Dafür wurde die Paedoc MVZ GmbH gegründet. „Verwaltungstechnisch funktioniert das wie ein medizinisches Versorgungszentrum“, erklärt Ulrich Kuhn. Mit diesem Konstrukt kann die Ärztin als Angestellte eine Praxis führen. „Niederlassungen werden oftmals schlechtgeredet, dabei wird oft vergessen, dass es ja auch viel Spaß macht. Diese Botschaft kommt zu selten an“, glaubt Ulrich Kuhn.

Bereits vor zehn Jahren hatte der Mediziner mit Kollegen eine Genossenschaft gegründet, um die Interessen von rund 230 Kinder- und Jugendärzten in der Region zu vertreten. Paedoc ist nun der nächste logische Schritt. Denn Kuhn hat in seiner 18-jährigen Praxistätigkeit als Kinderarzt in Kirchheim selbst erlebt, wie immer mehr Vorschriften und Verwaltungsaufgaben hinzugekommen sind. Dazu haben auch neue Gesetze in den Bereichen Datenschutz oder Arbeitssicherheit beigetragen. Zur Veranschaulichung zitiert er den Landesvorsitzenden des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Dr. Roland Fressle: „Es braucht keine Patienten, die Erfüllung der Vorschriften ist tagesausfüllend.“

Das neue Angebot kommt an. „Wir werden von Kollegen, die Nachfolger suchen, bestürmt“, sagt Kuhn. Wenn dann ein interessierter Nachwuchsarzt oder eine Nachwuchsärztin gefunden ist, ist das Ziel noch nicht erreicht, denn auch die Übergabe einer Praxis ist kompliziert. „Alleine die Menge an Formularen für die Übergabe - da fasst man sich an den Kopf“, meint Kuhn. Aber dank Paedoc habe man das jetzt einmal durchgemacht und wisse, wie es geht. Weitere Praxen sollen daher folgen. Ab dem 1. Januar gründet Ulrich Kuhn mit seinem Kollegen Dr. Stefan Gaißer ebenfalls ein MVZ in den bisherigen Praxisräumen in Kirchheim und einem Erweiterungsbau nebenan. Der Wendlinger Kinderarzt-Kollege Wolf Rödiger wird noch dazustoßen.

Vorerst hat man sich mit der Pae­doc-Gründung auf Kinder- und Jugendärzte in Baden-Württemberg konzentriert. Für die Zukunft ist es aber auch denkbar, dass Pae­doc sein Angebot auf Allgemeinärzte erweitern und das System auf ganz Deutschland übertragen wird.