Sondieren, verhandeln, gemeinsame Ziele formulieren – darum geht es zur Stunde nicht nur in Berlin. Während dort am Freitag die Sondierungsgespräche einer möglichen neuen Regierung in Koalitionsverhandlungen übergingen, ist hier im Land längst klar, welche Partner es braucht, um den Klimawandel in letzter Minute doch noch zu stoppen: Ohne die Kommunen
kann nicht sein.
und die Menschen, die dort leben, geht es nicht. In Wendlingen haben die grüne Umweltministerin Thekla Walker und Fraktionschef Andreas Schwarz 15 Rathauschefs aus dem Wahlkreis zusammengetrommelt, um den Schulterschluss beim Klimaschutz zu üben. Schließlich gilt es nicht nur, die brandneue Fassung eines Klimaschutzgesetzes im Land zu bewerben, sondern nichts weniger, als Baden-Württemberg zum Weltmarktführer bei Zukunftstechnologien zu machen.
Dass es dabei viel zu bereden gab, war an der Uhr abzulesen. Beim Meinungsaustausch in Wendlingen wurde am Ende die Zeit knapp. Bei Cellcentric in Nabern, dem Brennstoffzellen-Forschungszentrum von Daimler und Volvo, wohin die Regierungsvertreter im Anschluss weiterzogen, hieß es erst einmal warten. Immerhin: Die vor Wochen verkündeten Pläne für eine „Green Factory“ im benachbarten Weilheim, wo Brennstoffzellenantriebe für Lkw schon in wenigen Jahren in Serie gehen könnten, ist für den Kirchheimer Andreas Schwarz ein Landesthema. Zumal eines, wie man es sich als Politiker wünscht: bei dem es nur Gewinner gibt. Ein Projekt, das die Regierung dem gesetzlich formulierten Ziel, das Land bis 2040 klimaneutral zu machen, einen großen Schritt näher brächte. Schließlich werden 30 Prozent aller Treibhausgase hierzulande durch Verkehr verursacht. Für Schwarz ist zudem klar: Die Brennstoffzelle kann Wirtschaft und Arbeitsplätze zukunftsfähig machen. Schließlich schreiben Fachleute Entwicklung und Produktion der alternativen Antriebstechnik ein Potenzial von 16 000 Arbeitsplätzen zu – allein im Südwesten. Für die Landesregierung Grund genug, die Entwicklung mit einem mittleren dreistelligen Millionenbetrag zu unterstützen, wie Umweltministerin Thekla Walker betont.
Das große Rad muss Grün-Schwarz auch beim Thema Sonnen- und Windkraft drehen, will man die selbst gesteckten Ziele erreichen. Mindestens zwei Prozent der Gesamtfläche soll laut neuem Klimaschutzgesetz in Regionalplänen künftig für die Erzeugung erneuerbarer Energien reserviert sein. Doch nicht nur dort dauern Genehmigungverfahren viel zu lange. Auf allen Ebenen gemeinsam denken und handeln, bedeute auch, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, warf der Esslinger Landrat Heinz Eininger ein. Mit einem eigenen Integrierten Klimaschutzkonzept, einer Klimaagentur für Beraterdienste und demnächst einem wasserstoffbetriebenen Fuhrpark sieht sich der Kreis beim Klimaschutz in einer Vorreiterrolle. Dennoch sei man in einem Landkreis, in dem 52 Prozent der Fläche unter Naturschutz stünden, nicht mehr handlungsfähig, kritisierte Eininger. „Wenn unterschiedliche Schutzziele aufeinander prallen, dann muss man sie auflösen.“ Ein Konflikt, der an grünen Grundfesten rüttelt. Dennoch verlangt auch die Umweltministerin vom Bund klare Ausnahmeregelungen, etwa beim Artenschutz, damit nicht jeder Einzelfall überprüft werden müsse. „Dass es sieben Jahre dauert, bis ein Windrand steht, kann nicht sein“ meint auch Thekla Walker. Inzwischen hat die Landesregierung eine Task Force eingesetzt, mit dem Ziel, die Dauer von Genehmigungsverfahren mindestens zu halbieren.
Überzeugen, aufklären, Ängste nehmen, für Wendlingens Bürgermeister Steffen Weigel ist das die ureigene Aufgabe der Kommunen im Dialog mit den Menschen am Ort. „Wir rudern zwar alle in eine Richtung,“ sagt Weigel, „aber bei uns werden die Dinge umgesetzt, in den Kommunen kommt die Wahrheit auf den Tisch.“ Auch dann, wenn sie vielen nicht schmeckt. Wie zuletzt beim per Bürgerentscheid gekippten Gewerbestandort in Dettingen. Für Weigel stellt sich daher die Frage, ob „Entscheidungen, die die Gesamtentwicklung hemmen,“ rein aus kommunalem Blickwinkel getroffen werden dürften. Aus dem Mund der Umweltministerin klingt das so: „Am Ende muss man sortieren, wo direkte demokratische Prozesse angebracht sind und wo nicht.“
OB Bader hat Hochwasserschutz im Blick
Für Kirchheims Oberbürgermeister Pascal Bader stand beim Treffen mit der Landesregierung der Schutz vor Extremwetter und Starkregen ganz oben auf der Tagesordnung. Die Erinnerungen an das Unwetter Ende Juni mit Hagel und Überflutungen sind noch wach. Kirchheim arbeitet wie viele andere Städte zurzeit gemeinsam mit dem Land an einer Risikoanalyse und der Kartierung von besonders von Extremwetter gefährdeten Zonen. Was bauliche Vorkehrungen betrifft, sieht Bader auch das Land stärker in der Pflicht: „Die Kommunen können nicht alles alleine hinbekommen,“ sagt Kirchheims OB. Vor allem dort, wo Hauseigentümer selbst für mehr Schutz verantwortlich seien, müsse das Land seine Förderrichtlinien anpassen. bk