Kirchheim

„Die Freude an meiner Arbeit spornt mich an“

Politik Seit 150 Tagen sitzt Renata Alt im Bundestag. Ihre Tage sind strikt durchgeplant, viel Freizeit bleibt ihr nicht.

In ihrem Kirchheimer Wahlkreisbüro in der Osianderstraße möchte Renata Alt für Bürger volksnah sein.Foto: Markus Brändli
In ihrem Kirchheimer Wahlkreisbüro in der Osianderstraße möchte Renata Alt für Bürger volksnah sein.Foto: Markus Brändli

Kirchheim. Die Zeit verging wie im Flug. „Eigentlich wollte ich nach 100 Tagen im Bundestag zu einem Pressgespräch einladen“, verrät die Bundestagsabgeordnete Renata Alt. Den entscheidenden Tag hat sie aber verpasst. Jetzt sind aus 100 eben 150 Tage geworden. In ihrem Wahlkreisbüro in der Osiander­straße blickt sie auf die vergangenen Wochen im Bundestag zurück.

Seit Herbst ist die FDP-Politikerin das erste Mal für zwei Wochen am Stück in ihrer Heimatstadt. Endlich kann Renata Alt Dinge erledigen, zu denen sie in Berlin nicht kommt. Denn ihr Alltag ist strikt durchgeplant. Aber: Sie verliert nie den Überblick. Ohne zu zögern erzählt sie, wie die vergangene Woche abgelaufen ist. Sie hetzt von Terminen mit den Arbeitsgruppen, zu Pressegesprächen, Verabredungen im Büro und verschiedenen Sitzungen. Donnerstag und Freitag sind oft Plenartage. Es wird deutlich: Viel Zeit, um ihre zweite Heimat zu erkunden, blieb ihr bis jetzt nicht. „Mein Hotelzimmer habe ich nur fünf Mal bei Tageslicht gesehen“, berichtet die FDP-Politikerin. Ist man nach solchen anstrengenden Tagen nicht irgendwann kaputt? „Nein, die Freude an meiner Arbeit spornt mich an.“ Deswegen kommt es auch ab und zu vor, dass Feierabend für Renata Alt nicht Feierabend bedeutet und sie ihre Unterlagen nachts im Hotelbett noch mal durchliest.

Nach mehreren Monaten in Berlin lebt Renata Alt immer noch im Hotel - und demnach auch aus dem Koffer. „Zuerst wollte ich das Büro in Berlin einrichten, jetzt dieses hier in Kirchheim und dann kümmere ich mich um eine Wohnung.“ Als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses ist sie oft unterwegs. Nach den Reisen geht es manchmal Richtung Heimat. Wenn alle anderen mit nur dem Nötigsten anreisen, sieht das bei Renata Alt ein wenig anders aus: „Ich muss fast meinen ganzen Hausstand mitnehmen.“

„Leidtragender“ von Renata Alts Wohnungssituation ist auch ihr Kollege Michael Hennrich. „Wenn wir gemeinsam mit dem Relex-Bus zum Stuttgarter Flughafen fahren, ist Herr Hennrich so höflich, meinen schweren Koffer zu tragen, und ich trage seinen leichten“, erzählt die Politikerin.

Handwerk unter die Lupe nehmen

Renata Alt liebt ihre Arbeit als Bundestagsabgeordnete. Auch die Stimmung innerhalb der Partei bezeichnet sie als harmonisch. „Wir bedienen uns aller Instrumente, um das umzusetzen, was wir versprochen haben“, sagt sie. Gemeinsam mit ihren Kollegen in den Arbeitsgruppen hat sie bereits einige Anträge eingereicht - zum Beispiel zu dem Völkerrechtsverstoß in der Türkei. Mit einer weiteren Arbeitsgruppe möchte die FDP-Politikerin in Zukunft die Arbeit im Handwerk genauer unter die Lupe nehmen. Dabei soll ihr ihr Mann helfen. Als Friseur habe er in das Handwerk einen guten Einblick.

Kritisch blickt die Politikerin auf ihre direkten Sitznachbarn im Bundestag. „Es gibt Kollegen, die setzen sich mit der AfD in ihren Reden auseinander“, berichtet die FDP-Politikerin. „Ich will das nicht. Wir sollen Oppositionsarbeit machen und uns nicht mit der AfD beschäftigen.“ Viele Zwischenrufe seien unangenehm, von denen oft auch in den Medien gar nicht berichtet werde. „Sie verwenden den Jargon des Dritten Reiches und sprechen nicht von Polen sondern von Ostpreußen“, erzählt Renata Alt. Als Diplomatin sei sie aber geübt, sich nicht aus dem Gleichgewicht bringen zu lassen. „Wenn ich Reden halte, wende ich meinen Blick einfach zu den anderen Fraktionen oder zu den Zuhörern auf den Tribünen.“Melissa Seitz