Kirchheim
Die hohe Kunst des Streichquartett-Spiels

Musik Das Bennewitz-Quartett  überzeugt in der Kirchheimer Stadthalle die Abonnenten des VHS-Kulturrings.

Kirchheim. Erlesenen kammermusikalischen Genuss bot der VHS-Kulturring seinen Abonnenten: Das Bennewitz-Quartett demonstrierte beim Meisterkonzert in der Kirchheimer Stadthalle die hohe Kunst des Streichquartett-Spiels. Nicht erst seit dem Gewinn des ersten Preises beim renommierten italienischen Wettbewerb „Prémio Paolo Borciani“ im Jahr 2008 zählen die Prager Musiker zur internationalen Elite der Streichquartette. Diesen Ruf bestätigte das nach dem Begründer der tschechischen Violinschule, Antonin Bennewitz, benannte Ensemble mit einem illustren Programm, das neben Robert Schumanns „Streichquartett Nr. 3 A-Dur“ Kompositionen der tschechischen Landsleute Hans Krása und Leŏs Janáček stellte.

Wechselbad der Gefühle

Janáčeks mit „Intime Briefe“ betiteltes zweites Streichquartett schrieb der damals 73-Jährige ein Jahr vor seinem Tod als Huldigung an die 40 Jahre jüngere Geliebte: In jedem Takt spürt man seine brennende Leidenschaft. Aber wie das in Liebschaften so ist, schlug die Stimmung immer wieder um: Die Zuhörer wurden durch ein Wechselbad der Gefühle gejagt. Mal war stürmische Emphase angesagt, dann wieder veredelten zärtlich gesetzte Flageoletts und betörender Gesang die Töne. Und in den schnellen Passagen brach sich in virtuosem Laufwerk immer wieder unbeschwerte Lebenslust Bahn. Das Bennewitz-Quartett mit Jukub Fišer und Štěpán Ježek (Violine), Jiří Pinkas (Bratsche) und Štěpán Doležal am Violoncello kostete jede Nuance dieser elektrisierenden Musik aus. Dabei scheuten sie weder Ecken noch Kanten - stets blieb man jedoch auf nobler Tonspur. Da der Ensembleklang bis in die Feinheiten hinein perfekt abgestimmt war und sich auch die Intonation durchgehend im grünen Bereich bewegte, hörte man eine Wiedergabe wie aus einem Guss: dynamisch fein ausgesteuert und mit zündender Ausdruckskraft.

Auch Robert Schumanns drittes Streichquartett in A-Dur trug diesen Qualitätsstempel. Hinzu kam noch eine gehörige Portion romantischer Schwelgerei. Die Kantilenen erblühten in feinem Schmelz, und das besondere Markenzeichen des homogenen Quartettspiels war ein detailgenau abgestimmtes Vibrato. Das Bennewitz-Quartett spürte jeder Nuance der Partitur nach, spielte sich technisch brillant und mit makelloser Artikulation durch die raschen Passagen. Heraus kam dabei eine ausgefeilte Wiedergabe im Kontrast von Licht und Schatten der Dynamik, gestützt auf die frappierende instrumentale Wendigkeit der Interpreten. Und als es im Finale mit Temperament und Esprit zur Sache ging, war das Publikum begeistert: Man hörte einen echten „Rausschmeißer“.

Weniger spektakulär waren eingangs „Thema und Variationen“ von Hans Krása erklungen. Der 1944 in Auschwitz von den Nazis ermordete Komponist setzte in diesem ausdrucksstarken Streicherwerk auf expressive Tonspuren, die jedoch auch immer wieder den Schalk durchschimmern lassen. Das Bennewitz-Quartett war ein guter Anwalt dieser Musik: Im Spannungsfeld zärtlichen Klangzaubers und heftiger Toneruptionen entwickelten die Prager Musiker spannende Tonbilder, gezeichnet mit instrumentaler Meisterschaft und Sensibilität für die Intentionen des Komponisten. Rainer Kellmayer