Kirchheim

Die Rötelmaus wird zur Keimschleuder

Gesundheit In der Region macht sich das Hanta-Virus breit. Bereits jetzt ist die Zahl der an Hanta-Viren Erkrankten im Kreis Esslingen sechsmal so hoch wie 2016. Von Cornelia Wahl

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Die Rötelmaus kann das Hanta-Virus übertragen. Foto: Hlasek

Eigentlich ist die Rötelmaus ein niedliches Tierchen“, sagt Carla Hohberger, Försterin beim Forstamt in Kirchheim. Und doch wird das putzige Mäuschen mit den schwarzen Kulleraugen in manchen Jahren zur Keimschleuder. Letztmals war dies 2012 der Fall, als im Kreis insgesamt 134 Hanta-Viren-Erkrankte gezählt wurden. Auch 2017 ist wieder ein „Hanta-Jahr“. Als Gründe nennt Carla Hohberger den „milden Winter und das Buchenmastjahr.“ In solchen Jahren bilden die Buchen besonders viele Bucheckern - neben Eicheln, Feld- und Waldfrüchten eine Leibspeise der Rötelmäuse, dem hauptsächlichen Überträger des Virus‘. Sie finden genug zu fressen, und auch der Fortpflanzungszeitraum des zehn Zentimeter langen Nagers mit dem rötlich-braunen Fell und dem weißlich-grauen Bäuchlein verlängert sich dann. Zwar zeigt die Tendenz, dass in Bu- chenmastjahren mehr Hanta-Virusinfektionen beim Menschen auftreten, aber „offensichtlich hängt dies auch von der Durchseuchung der Mäusepopulation mit dem Krankheitserreger ab. Nicht überall, wo es viele Bucheckern gibt, gibt es viele Hanta-Virusinfektionen“, erzählt Dr. Albrecht Wiedenmann vom Gesundheitsamt in Esslingen. Am Häufigsten findet sich das Virus in unserer Region in den ländlichen Gemeinden der Alb und entlang des Albtraufs.

Die Übertragung des Virus‘ auf den Menschen erfolgt mit dem Kot, dem Urin und dem Speichel der vom Keim befallenen Nager. Um sich zu infizieren, muss es auf die Schleimhäute von Mund oder des Nasenrachenraums gelangen. Dies kann durch das Einatmen von erregerhaltigem Staub oder durch mit dem Virus verschmutzte Hände oder Lebensmittel geschehen. Selten ist die Infektion über einen Biss. Von Mensch zu Mensch ist eine Übertragung nicht möglich. Ob jemand am Hanta-Virus erkrankt ist, klärt ein Bluttest, mit dem der Nachweis von Antikörpern erbracht wird. Eine Impfung gegen das Hanta-Virus gibt es nicht.

Bis Ende Juni waren im Landkreis Esslingen 31 Fälle von Hanta-Virusinfektionen beim Menschen bekannt, weiß Dr. Albrecht Wiedenmann. Im gesamten Jahr 2016 waren dem Gesundheitsamt gerade mal fünf Fälle gemeldet worden. „Mitte des Jahres ist der Gipfel der Häufigkeit der Erkrankungen im Landkreis Esslingen erreicht oder überschritten“, sagt er und prognostiziert für die zweite Jahreshälfte „nochmals etwa 20 bis 30 Erkrankungen.“

Oft verläuft eine Infektion mit dem Hanta-Virus unbemerkt. Die ersten Beschwerden zeigen sich zwei bis vier Wochen nach der Ansteckung. Die Krankheit beginnt mit grippeähnlichen Symptomen wie anhaltend hohem Fieber von über 38 Grad Celsius für drei bis vier Tage. Dazu kommen Kopf-, Glieder-, Bauch- und Rückenschmerzen. Daran anschließend können Blutdruckabfall und Nierenfunktionsstörungen bis hin zu akutem Nierenversagen auftreten. Der Arzt verordnet fiebersenkende, schmerzlindernde Arzneien oder Medikamente zur Stabilisierung des Blutdrucks und behandelt die Nierenfunktionsstörung oder das Nierenversagen. Schwerere Verlaufsformen der seit 2001 meldepflichtigen Krankheit, die mit Blutgerinnungsstörungen einhergehen, „kommen bei dem hier vorherrschenden Virustyp ‚Puumala‘ aber extrem selten vor“, erzählt Dr. Albrecht Wiedenmann.

Ein erhöhtes Infektionsrisiko haben Forst- und Waldarbeiter. Aber auch Menschen, die im Garten arbeiten, zelten, Stall, Scheune oder Garage säubern, Holz stapeln oder Holz schlagen, Jäger und Jogger können sich mit dem Virus anstecken.

Zum Schutz vor dem Hanta-Virus sollte man den Kontakt zu den Nagern und deren Ausscheidungen meiden. Gegen das Einatmen von kontaminiertem Staub sollten eine Feinstaub-Atemschutzmaske (FFP 3) getragen und die Hände mit Einmalhandschuhen geschützt werden. Vor dem Reinigen von Räumen sollte zuvor gut gelüftet und der Boden mit Wasser befeuchtet werden. Das verringert die Staubentwicklung. Wer den Verdacht hegt, sich mit dem Hanta-Virus angesteckt zu haben, sollte zum Arzt gehen.

Wald- und Forstarbeiter haben ein erhöhtes Risiko, sich mit dem Hanta-Virus anzustecken. Fotos: Cornelia Wahl/Hlasek
Wald- und Forstarbeiter haben ein erhöhtes Risiko, sich mit dem Hanta-Virus anzustecken. Foto: Cornelia Wahl
Försterin Carla Hohberger und Dr. Albrecht Wiedenmann vom Gesundheitsamt beim Vororttermin an den Bürgerseen.
Försterin Carla Hohberger und Dr. Albrecht Wiedenmann vom Gesundheitsamt beim Vororttermin an den Bürgerseen. Foto: Cornelia Wahl

Schutzmaßnahmen gegen das Hanta-Virus

Welche Schutzmaßnahmen gegen das Hanta-Virus gibt es?

Abfälle gehören in Mülleimer oder Mülltonnen. Nicht auf den Hauskompost sollten Essensreste oder tierische Abfälle. Abfallhaufen oder Sperrmüll sind Nistmöglichkeiten für die Nagetiere und sollten beseitigt werden. Nach dem Aufenthalt im Freien oder in verunreinigten Räumen sollten die Hände gründlich gewaschen werden.

Wie Mäusekadaver oder Mäusekot entfernen?

Vor dem Entfernen sollten Räume für mindestens eine halbe Stunde gründlich gelüftet werden. Kot und Kadaver sollten mit Wasser und Reinigungsmittel befeuchtet werden. Zum Entfernen sollten Einmalhandschuhe und gegebenenfalls eine Atemschutzmaske getragen werden. Auf keinen Fall sollte der Staubsauger verwendet werden, da die Viren über die Abluft verbreitet werden können. Dann Kadaver oder Kot in einer Plastiktüte entsorgen, die gut verschlossen in den Hausmüll gegeben wird. Die betroffene Stelle anschließend mit Haushaltsreiniger sorgfältig säubern. Die verwendeten Lappen oder Schwämme entsorgen. Anschließend Hände waschen nicht vergessen. cw