Kirchheim

Die Saison der Vesperkirchen beginnt

Essen In Kirchheim wagen die Verantwortlichen neben Bewährtem ein Experiment: Menschen nach Hause einzuladen.

Kirchheim. Am Sonntag, 29. November, beginnt in Baden-Würt­temberg die Vesperkirchensaison. Die coronabedingten Beschränkungen sind eine schwere Belas­tung für das Konzept der Vesperkirche, das vor allem auf persönliche Begegnung setzt. Trotzdem finden viele Gemeinden Lösungen, mit denen sie auch in diesem Winter arme und benachteiligte Menschen unterstützen können.

Der Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks in Württem­berg, Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, weist auf die wichtige Funktion der Vesperkirchen hin: „Vesperkirchen verhindern weder Armut noch soziale Ungerechtigkeiten. Sie sind auch keine Suppenküchen. Vesperkirchen sorgen dafür, dass sich Menschen unterschiedlicher Herkunft und Prägung auf Augenhöhe begegnen und jene wahrgenommen werden, die sonst wenig Beachtung finden. Sie bieten Nahrung für Leib und Seele. Und sie mahnen die Politik: Setzt euch stärker für die Armen ein.“

Derzeit sind 25 Vesperkirchen bis Ende März in Baden-Württemberg geplant, neun weniger als vor Corona. In der letzten Vesperkirchensaison vor Ausbruch der Pandemie fanden in Baden-Württemberg 34 Vesperkirchen statt, vier davon in Baden. Zwölf der 34 Vesperkirchen wurden ökumenisch organisiert. In den 30 württembergischen Vesperkirchen haben damals rund 6 600 Ehrenamtliche an 575 Vesperkirchentagen rund 170 000 Mahlzeiten ausgegeben.

Vesperkirche zu Hause

Auch in Kirchheim entzerren die Organisatoren die Vesperkirche. Dort ist jetzt eine viergeteilte Vesperkirche für die Zeit vom 31. Januar bis 14. Februar in Planung. Viergeteilt heißt: Sonntags Gottesdienste ohne Essensausgabe, von Montag bis Freitag Vesperkirchenessen für je zwei Schichten à 20 Personen in der Thomaskirche. Samstags will man „Maultaschen für alle“, also für Bedürftige und Nicht-Bedürftige, in der Innenstadt anbieten.

Als Experiment gilt die vierte Aufteilung, die „Vesperkirche zu Hause“. Gemeindemitglieder werden gebeten, für andere ihre Wohnung zu öffnen und sie zum Essen einzuladen. „Natürlich unter strenger Beachtung der Corona-Regeln“, sagt Gemeindediakon Uli Häußermann, der in Kirchheim für die Vesperkirche zuständig ist. Das könne ein Freund sein, den man schon lange nicht mehr gesehen habe. Oder eine einsame Nachbarin. Man könne aber auch über die Homepage der Vesperkirche Gäste einladen, die dann vermittelt würden. Häußermann ist sich sicher: Wer andere zum Essen einlädt, bekommt auch etwas geschenkt: vielleicht neue Impulse, vielleicht ein Lächeln und ein dankbares Gegenüber. pm