Kirchheim

Die Sau ist los

Jochen Sokolowski

Jochen Sokolowski. Foto: Daniela Haußmann

Im Gespräch mit Daniela Haußmann nimmt Bezirksjägermeister Jochen Sokolowski Stellung.

Herr Sokolowski, in Dettingen ist scheinbar die Sau los.

SOKOLOWSKI: Nicht nur in Dettingen. In ganz Baden-Württemberg pflügen Wildschweine im großen Stil Wiesen und Agrarflächen um. Aufgrund der enorm gewachsenene Population wird es zwangsläufig mehr Drückjagden revierübergreifend geben müssen. Landwirte und Jäger werden aber stärker zusammenarbeiten müssen. Auch wenn die Landwirtschaft unter der Zunahme von Wildschweinen leidet, so trägt sie mit dem verstärkten Anbau von Raps und Mais auch zu deren Bestandszunahme bei.

Sollten die Tiere in der Nacht bejagt werden?

SOKOLOWSKI:Das Vollmondlicht reicht aus, um die Tiere zu erkennen, sicher anzuvisieren und zu erlegen. Aber im Verlauf anderer Mondphasen zu jagen ist nicht empfehlenswert, weil die Tiere in der Dunkelheit schwer erkennbar sind. Ein sicherer und sofort tödlicher Schuss lässt sich da kaum absetzen. Die Gefahr wäre groß, dass das Tier krank geschossen wird. Und das will weder der Jäger, noch ist das mit dem Tierschutzgesetz vereinbar. Und der Einsatz von Hilfsmitteln, wie Nachtzielgeräten, ist gesetzlich verboten.

Wer haftet für die Wildschäden?

SOKOLOWSKI: Nach dem neuen Gesetz haftet der Jagdpächter für Wildschäden. Allerdings muss der betroffene Grundstückseigentümer unter Einbezug eines Gutachters nachweisen, dass er alle zumutbaren Schutzmaßnahmen getroffen hat, die der Abwehr von Wildschäden dienen. Das gilt für landwirtschaftlich genutzte Flächen und für Streuobstwiesen, die wie Grünland genutzt werden und auf denen weniger alls 150 Bäume pro Hektar stehen. Bei einer größeren Zahl von Bäumen pro Hektar wird von einer Obstplantage und damit von einer Sonderkultur ausgegangen und die ist nicht schadensersatzpflichtig.

Ist eine Jagdpacht damit überhaupt noch attraktiv?

SOKOLOWSKI: Bei Wildschäden auf Agrarfläche können leicht Kosten in Höhe von 15 000 bis 20 000 Euro entstehen. Allein beim Mais besteht ein Schadensrisiko von 1 500 Euro pro Hektar. Da kann ein Jäger schnell arm werden. Der Landesjagdverband plädierte bei der Gesetznovellierung für die Einführung einer landesweiten Wildschadensausgleichskasse, durch die sich ein Interessensausgleich herbeiführen lässt. Aber eine solche Lösung ist bislang nicht in Sicht.

Heißt das, dass diejenigen, die sich heute über Wildschäden ärgern, künftig noch mehr Grund zum Klagen haben werden?

SOKOLOWSKI: Fakt ist, dass eine Jagdpacht unter solchen Voraussetzungen alles andere als attraktiv ist. Wer möchte schon Haus und Hof aufs Spiel setzen. Außerdem treibt das neue Jagdgesetz mit seinen Bestimmungen zur Schadensregulierung einen Keil zwischen Jäger, Landwirte und Wiesenbesitzer. Wildschäden wurden früher im guten Miteinander geregelt, das ist mit dem neuen Jagdgesetz schwieriger geworden. Querelen sind vorprogrammiert. Das alles führt dazu, dass Jagden kaum verpachtbar sind. Leidtragend sind am Ende eben die geschädigten Grundstückseigentümer.