Kirchheim
Die Situation im Naturschutz ist hochdramatisch

Landwirtschaft Der Bedarf an Ackerbau für Energie und Nahrung konkurriert mit dem Lebensraum vieler Tiere.

Dettingen. „Die artenreichen Wiesen sind in einem schrecklichen Erhaltungszustand. Die ganzen Maßnahmen der letzten Jahre haben nichts genutzt“, erklärt Professor Martin Dieterich den Teilnehmern des Wildtierforums in Dettingen. Der Dozent lehrt an der Universität Hohenheim am Institut für Landschafts- und Pflanzenökologie und leitet das Büro „Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz Südwest“ in Kirchheim. Der Experte sieht eine „absolut dramatische Entwicklung im Naturschutz“, da weder global und national noch auf EU-Ebene die formulierten Ziele zum Schutz der Artenvielfalt auch nur annähernd erreicht wurden.

„Die Biodiversität gewährleis­tet, dass sich ein Ökosystem an veränderte Umweltbedingungen anpassen kann“, erklärt der Professor. Die Natur hat also nur eine Chance, sich an den Klimawandel anpassen zu können, wenn die Artenvielfalt nicht verloren geht. Wie schlecht es um die Biodiversität steht, belegt der Hochschulprofessor anhand einer Studie: „Seit 1989 hat die Biomasse an Insekten um 70 bis 80 Prozent abgenommen.“ Die Hauptursache für den Rückgang ist die immer intensiver werdende Landwirtschaft.

Der Platz wird knapp

Das Problem ist: Die bewirtschafteten Ackerflächen sind nicht der beste Lebensraum für Säuger, Vögel und Insekten. „Ackernutzung bedeutet Bodenumbruch – und das ist eine Störung, mit der die wenigsten Tiere bei uns zurechtkommen“, erklärt der Experte. Doch die Nutzung des natürlichen Bodens nimmt immer weiter zu: Wurden 1950 nur 10 Prozent intensiv bewirtschaftet, waren es 2000 schon 75 Prozent der Fläche. Der Trend hat vor allem durch den Einsatz von Biogas einen kräftigen Schub bekommen. Die Folge ist eine deutliche Abnahme der Artenvielfalt.

Hinzu kommt, dass  der Bedarf für den Anbau von Nahrungsmitteln und Pflanzen zur Energiegewinnung die Anbauflächen weit übersteigt. Das Resultat: „Wir haben keinen Platz mehr. Wir können nicht alles machen und müssen erkennen, dass wir an den Grenzen der Leistungsfähigkeit angekommen sind“. Katharina Daiss